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Index Briefe Bd. 1 / Index Französisch / Index Eymard


An P. Superior Morcel

Nr.0061

Lyon, 11. Oktober 1845.

Lieber Pater!

Ich kann diese lb. Mitbrüder nicht abreisen lassen, ohne Ihnen in Eile einen kurzen Gruß zu schreiben, Ihnen zu empfehlen, sich zu schonen, stets in einer heiligen Freude und im Vertrauen auf die Vorsehung zu sein; sodann für uns zu beten, die wir stets bis zum Hals herauf mit Arbeit eingedeckt sind. Welches Leben! Gott sei dafür gepriesen! Aber ich habe wahrlich Angst, jede Frömmigkeit zu verlieren ...denn ich bin glücklich, wenn ich am Abend die Vesper gebetet habe! Kurzum, wie Gott will.

Meine herzlichen Grüße allen Mitbrüdern.

Ihr ergebenster

Eymard.

P. S.- Ich sende Ihre zwei Kreuze des Kreuzwegs. Lassen Sie sich vom Beichtvater die Gebete festlegen gemäß dem Breve, worin es heißt: Modo aliquas preces recitaverit ex arbitrio confessarii, z.B. die Litanei vom Leiden Christi, 5 Vaterunser und Ave; im Krankheitsfall Erweckung einiger Akte der Liebe.

An Herrn Morcel

Superior der Maristenpatres,

Rue de Fleurus 3 b,

Paris.


An Marianne

Nr.0062

Lyon, 25. Oktober 1845.

Meine lieben Schwestern!

Ich hatte das Vergnügen, den guten Herrn Lesbros zu treffen und ich war sehr gerührt über den Besuch, den er mir abgestattet hat, und über die Nachrichten, die er mir von Euch überbracht hat. Ich hoffe, daß meine Reise in den ersten Novembertagen stattfinden wird und daß dann unsere Missionare abgefahren sind. Die Tatsache, daß das Schiff, mit dem sie abfahren sollten, Verspätung hatte, war der Grund, daß ich in Verzug geraten bin. So wird diesmal mein Besuch in La Mure ganz Eurer Liebe gehören, da ich ja nicht die Wohltaten der schönen Jahreszeit genießen kann.

Ich bitte Euch auch, wenn das möglich ist, mir 2 oder 3 Paar Wollstrümpfe für den Winter zu bestellen, damit ich sie anläßlich meiner Reise mitnehmen kann.

Ich habe es etwas eilig und verabschiede mich in J. und M.

Euer Bruder

Eymard, p.s.m.

An Fräulein Marianne Eymard,

du Breuil-Straße, in La Mure (Isère).


An P. Superior Morcel

Nr.0063

Lyon, 26. November 1845.

Lieber Pater!

Ich komme von einer Reise zurück und es ist mir Freude und Pflicht zugleich, Ihren guten Brief gleich zu beantworten. Zuerst fange ich bei uns an. Der Generalobere hat sich tapfer gehalten inmitten so vieler und mühsamer Angelegenheiten, die er zu regeln und organisieren hatte. Wir sollen dafür dem lb. Gott recht danken und ihn um die Verlängerung dieser Gnaden bitten; wir sind alle so jung und vor allem so unerfahren! Ich glaube, Sie wissen, daß seit einem Monat zwei neue Häuser eröffnet wurden: in Toulon mit Pater Epalle als Superior, zusammen mit den Patres Dumolard, Marcel und Jammes; in Moulins mit P. Girard als Superior und die Patres Ozanam, Balmet und Carret. Hier sind die Übriggebliebenen in die Missionen abgereist oder werden abreisen. Alle sind wohlauf. P. Mayet ist in Belley, wo er im status quo seiner traurigen, aber sehr verdienstvollen Lage durchhält. Die Seminaristen von Belley sind sehr zahlreich. Herr Martin schreibt mir, daß er zufrieden ist.

Gott sei dafür gepriesen!

Nun zu Ihnen. Man hätte Ihnen sagen sollen, daß es für immer genügt hätte, Ihnen durch Ihren Beichtvater einige Gebete für die Kreuze des Kreuzwegs vorzuschreiben; indes kann man sie abändern lassen, man kann sie nur verwenden für den Fall einer Krankheit, einer Reise und der moralischen Unmöglichkeit, eine Kirche zu besuchen. Man kann die Leute, die daran teilnehmen, an den Ablässen teilnehmen lassen.

Und die Ansprachen! Ich erwartete mir, daß Sie mir bereits einen halben Fastenpredigtzyklus, wenigstens ein gutes Dutzend Grundsteine ankündigen. Aber.... Null! Ach, Pater Morcel, Sie befinden sich im Zentrum der Lichter, der Prediger, der Bibliotheken. Und nichts. Auf! Diesmal verzeihe ich Ihnen, weil Sie sich erst einrichten mußten, aber ich warte darauf. Ich verspreche Ihnen ein großes Paket mit P l ä n e n, u.zw. mit guten P l ä n e n zu senden; Ihnen obliegt aber die Sorge, sie zu pflanzen und zu begießen. Was Ihre Frömmigkeitsübungen betrifft, so sei Gott dafür gepriesen! Es scheint, daß es einen Fortschritt gibt. Ich rate Ihnen auch, während der Betrachtung zu schreiben. Gott zeigt sich auf allen möglichen Wegen; aber wenn sich das Gefühl des Herzens regt, legen Sie die Feder beiseite und beten Sie.

Was die Berufe betrifft, von denen Sie mir schreiben, so nehmen Sie jene auf, die zu Ihnen kommen; ermutigen Sie sie, führen Sie sie zum Gebet und zur Befragung des Willens Gottes. Von Ihrer Seite prüfen Sie auch: m u l t i v o c a t i, p a u c i d i g n i. Erkundigen Sie sich über ihren Charakter, ihr Urteil, ihre Talente, ihre öffentliche Lebensführung.

Was den jungen Mann von 26 Jahren, Herrn Pilleux, betrifft, so sind sein Austritt von den Brüdern und die Motive seines Austritts ausreichende Gründe, um ihn nicht aufzunehmen. Im allgemeinen soll man streng sein bei jenen, die bereits in anderen Ordenshäusern gewesen sind.

Den Deutschen weisen Sie zurück, indem Sie ihn trösten, wie es die Regel vorschreibt; die Langzeitskrupulanten sind fast zu nichts geeignet.

Zum Abbé von Saint Sulpice: informieren Sie sich über ihn; dann berichten Sie uns die Ergebnisse.

Zur Frage der Ordnung, das Motiv genügt: Ja, wenn man ausgeht, um eine Pflichtaufgabe zu erfüllen; z.B. für den Pastoraldienst, die Messe, die Beichte usw. Aber es muß informiert und um die Erlaubnis gefragt werden, wenn man zu einem anderen Zweck als für die gewöhnliche Seelsorgearbeit das Haus verläßt; und seine Rückkehr melden; die Ordnung und der religiöse Geist erfordern es.

Sie haben in Paris alle Vollmachten, die wir von Rom erhalten haben: die Rosenkränze, Kreuze und Medaillen mit Brigitta-Ablässen zu versehen, gemäß dem in Rom gedruckten Verzeichnis. Diese Ermächtigungen verfallen am 21. Juni 1846.

Die Vollmachten für die Gelübde und die Hindernisse ad debitum conjugale sind verfallen.

Dies sind, lb. Pater, die Antworten auf alle Ihre Fragen. Sie würden guttun, dem Bischof von Belley zu schreiben. Ich weiß nichts Besonderes über die Diözese; also müssen Sie einen Brief über die alte Geschichte schreiben.

Grüßen sie mir alle unsere lb. Mitbrüder. Ihre Erinnerung wird stets mild und unauslöschlich in meinem Herzen bleiben.

Ich umarme Sie herzlichst in Jesus und Maria.

Eymard, P.S.M.


An P. Superior Morcel

Nr.0064

Lyon, 15. Dezember 1845.

Lieber Pater!

Wir senden Ihnen Herrn Thenon. Er zeigt guten Willen und kann nützlich werden; machen Sie ihn ein wenig urwüchsig. Wir haben vor kurzem ein Paket mit Briefen aus Sidney erhalten: 1. von Herrn Dubreuil; die ihm unterstehende Prokur wird eines Tages wichtig werden, denn er ist sehr aktiv; 2. Der Bischof Epalle schreibt uns, daß er am 22. Juni in Sidney angekommen ist; allen geht es gut. Er schreibt, daß die verbreitete Nachricht, Wallis wäre im Kriegszustand, falsch ist. Gott sei dafür gepriesen! Er meldet uns, daß die Besatzung des Staatsschiffes "Der Rhein" zur Zeit das Zentrum besucht. Wir hoffen, daß sie den Bischof von Amata besucht haben und daß wir bald Nachrichten erhalten, auf die wir mit Bangen warten.

Neuseeland ist noch immer im Kriegszustand....


An Marg. Guillot

Nr.0065

Lyon, 30. Dezember 1845.

Gnädiges Fräulein!

Ich sende Ihnen Ihr Neujahrsgeschenk; die zwei Ratsmitglieder des Dritten Ordens haben Sie aufgenommen, und zwar aus Gnade sofort, anstatt Sie noch einen Monat lang zurückzustellen. Ich hoffe, daß Sie dieser Titel eines Marienkindes, hinzugefügt zu vielen anderen, mit tiefer Dankbarkeit zu dieser guten Mutter erfüllt, die Sie gerne in ihre Familie aufnehmen will. Ich bin ihr für Sie sehr dankbar, ist sie doch so gütig, diese Maria! Nun gut! Hat sich der Himmel nun aufgehellt? O ja, ich glaube es. Der Sturm reinigt die Atmosphäre, aber er geht vorbei, und die Sonne scheint wieder schöner und glanzvoller. Das Stöhnen, die Seufzer und Tränen eines Herzens, welches nur Jesus liebt, sind ganz milde in der Ausdehnung der gegenseitigen göttlichen Liebe. Die Demütigungen und Leiden lindern die Ohnmacht dieses armen Herzens, das Martyrium wäre sein Glück. Glauben Sie aber, meine Tochter, daß die Seufzer und Tränen Magdalenas beim Leichnam des Erlösers, daß der Todeskampf Marias zu Füßen ihres toten Jesus am Kreuz nicht die Auswirkung einer noch heldenhafteren Tugend waren? Und war nicht die Liebe des guten und milden Jesus, der am Kreuz allein litt und von seinem Vater und den Menschen verlassen war, der höchste Grad einer Liebe, die leidet und sich gänzlich hinopfert? Oh, es lebe Jesus, es lebe sein Kreuz!

Seien Sie also die Tochter dieses Kreuzes der Liebe! Es stimmt, Jesus beklagte sich bei seinem Vater: "Mein Vater, warum hast du mich verlassen?" Nun gut! Auch Sie können sich beklagen, aber in Liebe und nach dem Kampf: das ist dann der Schrei der geopferten Liebe. Wenn der Feind Jesu und unseres Heiles Sie angreifen wird mit seinem ganzen Schrecken, tun Sie folgendes: verdemütigen Sie sich und überlassen Sie sich ganz Gott im vollen Vertrauen; das ist noch nicht genug, gehen Sie weiter, stellen Sie sich tiefer als alle Geschöpfe, selbst als der Teufel, und sagen Sie zu Unserem Herrn: "Ach, du hast ihm nicht soviel Gnaden geschenkt wie mir, er hat keinen Erlöser mehr, ich aber habe einen, er ist mein Vater; er hat dich nur einmal beleidigt, ich aber tausende Male, ich war undankbar und untreu; so ist es wohl gerecht, daß er der Vollstrecker deiner Gerechtigkeit ist. O mein Vater, ich vergehe in meinem Nichts, aber du bist mein Vater, verlaß mich nicht, halt mich bei der Hand, mein Wille und mein Herz gehören dir, das übrige deiner Gerechtigkeit."

Möge das brennende Herz der Liebe Jesu Ihre Kraft, Ihre Zuflucht, Ihr Zentrum, Ihr Kalvarienberg, das Grab Ihres ganzen Seins, dann die Auferstehung, das Leben und die Herrlichkeit sein. Das ist mein Wunsch dieses neuen Jahres; es ist der schönste und der größte.

(Kopiert nach einem Text der Ehrw. Mutter Margarete).


Nr.0066

An Frau Gaidan

Unklares Datum: 1845-1846

Hier nennt der französ. Katalog ein nicht veröffentlichtes Fragment eines Briefes von P. Eym. an Frau GAIDAN


An Marianne

Nr.0067

Lyon, 1. Jänner 1846.

Meine lieben Schwestern!

Ich fange dieses neue Jahr mit Euch an; das ist bestimmt gerechtfertigt, da ich ja nur Euch auf der Welt habe, ist doch unsere geschwisterliche Liebe zusätzlich auch eine übernatürliche und göttliche Liebe.

Wenn ich Euch nicht öfter schreibe, so geschieht dies nicht aus Vergeßlichkeit, denn alle Tage und mehrmals am Tag denke ich in Gott an Euch; in ihm sehe ich Euch; aber Ihr wißt, wieviel ich zu tun habe. Ich weiß schon, daß ein paar Worte schnell geschrieben sind, aber wenn das Herz sprechen will, möchte es ruhig und frei sein; um diesen Zeitpunkt abzuwarten, vergehen oft Monate.

Nun gut! Meine guten Schwestern, so beginnen wir also ein neues Jahr, das uns der lb. Gott in seiner Güte schenkt, damit wir ihm noch besser dienen, ihn noch reiner, vollkommener und großherziger lieben.

Wie oft habe ich, wenn ich meine Jahre zähle, mir gesagt: nie hätte ich geglaubt, daß ich solange leben werde! Ich erinnere mich, daß ich während meiner Krankheit Gott angefleht habe, mir das Glück zu gewähren, nur eine einzige Messe feiern zu dürfen, dann würde ich zu sterben einverstanden sein. Nun gut! Wir sind schon im 12. Jahr, seitdem ich Priester bin, und wieviel Gnaden habe ich seither erhalten! Wenn ich sie wenigstens gut ausgenützt hätte! Und auch Ihr habt viele Gnaden empfangen; Ihr aber habt sie mit Eurem ruhigeren, weniger zerstreuten Leben als es das meine ist, besser ausgenützt. Und da Geschwister alles gemeinsam haben, so möchte ich mit Euch, wie in Monteynard, als ich nichts besaß, Eure ehemaligen Ersparnisse teilen. Gebt her.

Also dann, meine guten Schwestern, nur Mut, aber auch Heiligkeit, da letzten Endes die Erde nichts bedeutet; sie ist ein Nebel, der vergeht, weiß oder schwarz, und dessen man sich einen Augenblick, nachdem er vorüber ist, nicht mehr erinnert.

5. J ä n n e r

Ich schäme mich ein wenig, daß ich meinen Brief, den ich am 1. Januar angefangen habe, nicht abgeschickt habe. Ich hatte in diesen Tagen mit soviel Dingen und Leuten zu tun, daß ich ihn nicht vollenden konnte.

Ich danke Euch sehr für die Strümpfe, die Ihr mir in Güte gestrickt und hergeschickt habt. Ich bin immer Euer Patenkind, das bittet, aber als Gegenleistung versuche ich, es Euch mit Gebeten zurückzuerstatten und für Euch beten zu lassen.

Ich habe vom Pater General die Gunst erhalten, Euch beide in alle Gebete, alle Opfer und alle Verdienste der Mitglieder der Gesellschaft Mariens, ob Patres, Brüder oder Schwestern, einzuschließen. Das ist nun Euer Dritter Orden der Maristen, der jenen des hl. Franziskus ersetzen soll; und für Euch ist es sehr gerechtfertigt, daß Ihr ihm den Vorzug gebt, denn es gibt einen Dritten Orden der Maristen.

Das, meine Schwestern, ist mein Neujahrsgeschenk; möge es Jesus und Maria segnen.

Euer ganz und stets im Herrn ergebener Bruder

Eymard.

P. S. Ich habe vergessen, Euch zu sagen, daß es mir gutgeht. Meine herzlichen Glückwünsche der guten Frau und Mutter Fayolle, die ich wie eine Mutter liebe, sowie der ganzen Familie.

An Fräulein Marianne Eymard,

du Breuil-Straße, La Mure (Isère).


An Frl. Elisab. Mayet

Nr.0068

(Lyon, 28. Jänner 1849).

Ich habe daran gedacht, Ihren Wünschen zu entsprechen und Sie dafür vorgeschlagen, worüber wir gesprochen haben; und Sie sind angenommen worden.

Damit sind Sie also in zweifacher Weise die Schwester Ihres Bruders. Obgleich alles ausgemacht worden ist, sind Sie dennoch frei anzunehmen oder abzulehnen; wie immer Ihre Entscheidung auch ausfallen mag, meine Einstellung zu Ihnen bleibt unverändert.

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard.

Lyon, 28. Jänner 1849.


An Marianne

Nr.0069

Hl. Agatha.

Lyon, 5. Februar 1846.

Meine lieben Schwestern!

Ich kann heute dem Verlangen, Euch ein paar Zeilen zu schreiben, nicht widerstehen. Ich habe fest zum lb. Gott gebetet für Euch, für unseren Vater, unsere Mutter, für meinen Paten: Ihr erratet warum! Das ist ein so schöner Tag für mich, es ist der schönste Tag meines Lebens; heute ist jener Tag, an dem ich das Glück hatte, getauft worden zu sein. Ach! Wenn ich nachher gestorben wäre, befände ich mich jetzt im Himmel und würde für meine Patin beten, die noch auf der Erde ist, beladen mit dem Kreuz, auf dem etwas dornigen Weg zum Himmel; aber der lb. Gott hat es nicht so gewollt und er hat mich bis heute in diesem Tal der Verbannung, der Tränen und Kämpfe belassen. Auch dafür sei er gepriesen! Vorausgesetzt, daß wir am Ende ans Ziel gelangen, ist der Weg, einmal angekommen, kurz oder lang, leicht oder beschwerlich, nur mehr auf der Waagschale der Gnaden und Barmherzigkeit Gottes; das Entscheidende ist anzukommen. Betet, daß ich ankomme, denn ich tue es auch für Euch; und wenn Ihr als erste ankommt, laßt einen Stock zum Anhalten auf Eurem Wanderweg und die Tür offen; - wenigstens dort, meine lb. Schwestern, gibt es weder Entfernung noch Trennung mehr. Wer hätte gesagt, daß ich damals mit 20 Jahren, ausgestreckt auf einem Bett, von allen Ärzten zum Sterben verurteilt, noch 15 Jahre leben würde? Hätte ich sie doch wenigstens gut ausgenützt! Es ist wahr, der lb. Gott hat mir sehr große Gnaden geschenkt, und ich kann es mir nicht verwehren, so große Zeichen seiner Barmherzigkeit und Vorsehung in meinem Leben anzuerkennen, sodaß ich undankbar wäre, würde ich ihn nicht von ganzem Herzen lieben und ihm mit all meinen Kräften dienen.

Ich schulde Euch viel, meine liebe Patin, für diese ganze Obhut, die Ihr in meiner Jugend über mich walten ließet; und für alle Frömmigkeitsübungen, die Ihr mir beigebracht habt. Heute ist mir diese ganze Zeit meiner jungen Jahre in einer besonderen Weise gegenwärtig und ich sehe darin eine große Gnade. Ihr erinnert Euch, wie Ihr damals auf meinem armen Bett hinter Eurem Spinnrad saßet; wie wir bis zum Weinen die Kirchenlieder von Marseille gesungen haben, vor allem jenes von der der hl. Genoveva, vom hl. Josef, sowie den Kreuzweg; erinnert Ihr Euch, wie ich Euch damals zur Beichte begleitete (oft weit entfernt)? Oh, die schöne Zeit! Damals liebte ich den lb. Gott mehr als jetzt.

Wieviel verschiedene Phasen und Lebenssituationen haben sich seither abgespielt! Das ist nun einmal das Leben auf dieser Welt! Wieviele Menschen aus meinem Bekannenkreis, die ich schätzte, habe ich bereits sterben sehen! Ihr wenigstens bleibt mir! Möge Euch der lb. Gott noch ein wenig erhalten.

Ich weiß nicht, ob es ein guter und ersehnenswerter Wunsch ist. Aber ich finde, daß das Leben für ein Herz so wertvoll ist, das für den Himmel und unter der Regentschaft der Liebe Gottes, die kreuzigt und gekreuzigt wurde, arbeitet! Ihr seht, ich wollte zu Euch als Patenkind reden, und siehe da, ich predige; ich mische alles durcheinander, denn schließlich hat ein Baum seine Wurzeln, er hat einen Stamm und Zweige. Wenn an diesen Zweigen auch keine Früchte hängen, so tragen sie wenigstens Blumen und Blätter, um Euch damit einen kleinen Strauß zu binden: ein Strauß, der so oft Myrrhe gewesen ist; aber ich hoffe, daß es im Himmel keine Dornen mehr geben wird.

Nun kommt die Fastenzeit; kein Fasten, kein Fleischverbot! Ihr wißt, daß Euch das schlecht bekommt, fragt ganz einfach um Erlaubnis für Euch an.

Herzliche Grüße dem guten Herrn Pfarrer und seinen drei lb. Vikaren; das soll als Anzahlung gelten.

Ganz in Unserem Herrn Euer ergebener

Eymard, p. s. m.

P.S.- Mein Brief konnte nicht am selben Tag abgehen; seid darüber nicht erstaunt, die Wege sind schuld daran.

An Fräulein Marianne Eymard,

du Breuil-Straße, La Mure (Isère).


Nr.0070

An Herrn Salvioni

Lyon, 8. Febr. 1846.

Hier nennt der franz. Katalog einen Brief Eymards an Herrn Salvioni vom 8. Febr. 1846; aber er ist in den bisher gedruckten oder daktylographierten Schriften nicht auffindbar.

A-15, Fasz. 4.


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