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An Marianne
Nr.0011
V. M.
Lyon, 9. November 1839.
Meine lieben Schwestern!
Ich benütze die gleiche Gelegenheit, welche mir meinen Mantel hergebracht hat, um Euch dafür zu danken und Euch meine Nachrichten zu übermitteln. Es geht mir gut und ich bin stets zufrieden mit der kostbaren Berufung, zu der mich die hl. Jungfrau auserkoren hat. Nun wünsche ich nur noch eines: Euch teilnehmen zu lassen an meinem Glück, indem ich Euch zuerst einmal anhalte, den Willen Gottes anzubeten, dann das verborgene Leben der hl. Jungfrau nachzuahmen, sogut Ihr könnt; denn schließlich bedeutet es keinen großen Verlust, wenn wir in dieser Welt für einige Tage voneinander getrennt sind; aber was uns am Herzen liegen muß, ist die Sorge, daß wir uns im Himmel wiedersehen. Zu diesem Zweck müssen wir uns anstrengen, uns von allem loszulösen, was sich mit der Liebe zu Gott nicht vereinbaren läßt, um allein Jesus Christus zu leben, der gekreuzigt wurde und im Hl. Sakrament verborgen ist.
Ich möchte Euch sagen, daß die Leute auf dem Lande weit glücklicher sind als jene in den Städten: wir sehen hier alle Schichten, aber auch alle menschlichen Armseligkeiten.
Ich muß Euch auch eine Sorge erklären, die Euch bedrückt hat. Ihr habt geglaubt, daß ich die Absicht gehabt hätte, in fremde Missionsländer zu ziehen. Ich möchte dafür die nötige Gesundheit haben und würde vor Freude weinen, aber mein Ehrgeiz drängt mich nicht soweit: ich bleibe in Lyon. Ich ersuche Euch in aller brüderlichen Zärtlichkeit auf Euch achtzuhaben und euch im Herrn zu freuen. Das ist es, was ich gar oft von Maria für Euch erbitte.
Euer Bruder
J. Eymard.
P.S.- Grüßt mir Josef Desmoulins; obgleich ich in Lyon bin, denke ich jeden Tag an ihn; will's Gott, daß ich ihm noch im Herrn nützlich sein kann!
An Fräulein Marianne Julian-Eymard,
du Breuil-Straße, La Mure (Isère).
An Marianne
Nr.0012
V. + M.
Lyon, 21. November 1839.
Meine lieben Schwestern!
Heute, am schönen Fest Maria Opferung im Tempel, hatte ich das Glück, Euch mit mir Maria in U. lb. Frau von Fourvière Maria darzubringen; und jedesmal, wenn ich dorthingehe, und ich gehe zweimal pro Woche, höre ich nicht auf, diese gute Mutter für Euch zu bitten. Das ist sicher: wenn meine Gebete ebenso wirksam wie häufig wären, so würdet Ihr in dieser Welt glücklich sein wie eine Braut Christi, des gekreuzigten Jesus Christus.
Ich habe Herrn Faure getroffen und dabei mehr und mehr an diesem guten Freund mit Gewißheit erkannt, wie innig er Euch verbunden ist, hat er doch eine so lange Reise ohne Zögern auf sich genommen. Sicher, wenn mich menschliche Motive in meiner Wahl eines vollkommenen Lebens geleitet hätten, so würden mich die Anwesenheit und Überlegungen von Herrn Faure gerührt haben. Aber wenn ich auch keineswegs auf meine Kräfte noch auf irgendeine menschliche Fähigkeit baue, so setze ich doch ein ganzes Vertrauen auf Maria und überlasse ihr mein Los; und ich hoffe, in dieser schönen Berufung durchzuhalten, ihren Namen zu tragen, ihr zu dienen und dafür einzutreten, daß sie geliebt wird.
Wenn ich Euch auch nicht Anlaß zur Ehre gebe, so scheint mir doch, daß Eure Marienfrömmigkeit zufrieden sein wird, einen Maristenfrater zu besitzen; und sollte ich Euch nicht nützlich sein, so könnt Ihr Euch immerhin mit mehr Vertrauen und Berechtigung an Maria wenden.
Tröstet Euch also mit der hl. Jungfrau, Eurer Patronin, und erinnert Euch, daß Maria zu Füßen des Kreuzes größer ist als zur Zeit, wo sie das Glück hatte, mit Unserem Herrn zu leben.
Ach! Wäre ich doch würdig erhört zu werden, dann würde Euch diese Angst, daß ich Euch fehle oder in Zukunft vielleicht unglücklich sein werde, nicht verwirren; und mein Herz bräuchte sich nicht zu grämen, wenn ich höre, daß Eure Tränen immer noch fließen. Gott hat Euch geprüft und wenn Ihr ein großes Vertrauen habt, wird die Prüfung aufhören. Und Ihr denkt nicht, daß vielleicht Eure Traurigkeit das Herz Jesu und das Herz seiner hl. Mutter betrübt und daß Ihr Eure Tage verkürzen und damit auch meine Lebenszeit verkürzen wollt. Nun also, was immer man Euch gesagt hat, ich sei hart und undankbar, daß ich von Euch nichts mehr wissen wolle, so wird der lb. Gott mein Richter sein; er weiß, wie verbunden ich Euch bin, und daß mich kein menschlicher Beweggrund hierhergeführt hat. Ich bin traurig, daß Ihr Euch durch dieses Geschwätz voller Bosheit und Lüge habt überraschen lassen; damit sollen Euch die Augen aufgehen, wie die Welt ist; ja, Gott allein ist der einzig Liebenswürdige.
Ich sende Euch meine Überweisung, da Herr Faure sie nicht mitnehmen konnte. Was diese Schenkung anlangt, wofür ich mehr als 100 Francs benötigte, kann ich mich nicht entschließen, eine so große Auslage zu tätigen.
Aber seid ganz getrost: nie, ja, niemals ist mir auch nur der Gedanke gekommen, sie Euch vorzuenthalten, und er wird mir auch niemals kommen. Ich habe hier ein Testament zu Euren Gunsten: es wird das erste und das letzte sein, weil ich weiß, daß es Eure Absicht ist, solltet Ihr mich überleben, mit dem Rest gute Werke zu unterstützen. So gebe ich Euch alles in der Überzeugung, daß Ihr nie vergeßt, daß ich Euer Bruder bin. Möge Euch also der Dämon nicht mehr in Versuchung führen!
Dankt Frau Reynier für ihr frommes Gedenken; sie soll versichert sein, daß ich sie in meinen schwachen Gebeten stets neben Euch stellen werde. Ich feiere gewöhnlich die hl. Messe um halb sieben Uhr.
Wenn Ihr Herrn Ripert seht, sagt ihm, daß meine Wertschätzung für ihn gleichgeblieben ist.
Es geht mir gut und ich erbitte für Euch dieselbe Gnade; mit dieser Meinung habe ich gestern in Fourvière für Euch eine Novene angefangen, indem ich alles aufopfere, was ich kann, um alles zu erlangen, wessen Ihr bedürft.
Euer Bruder in Unserem Herrn
J. Eymard, P.
Ich bitte Euch, mir sofort den Empfang zu bestätigen, um mir die Sorge und Angst zu ersparen, die Sendung könnte verlorengegangen sein.
An Fräulein Julian-Eymard,
du Breuil-Straße in La Mure (Isère).
An Herrn Gay
Nr.0013
Belley, 3. August 1840.
Qui regulae vivit, Deo vivit
(hl. Paulus)
Es ist Zeit, mein eingefrorenes Herz aufzutauen. Aus Mangel an himmlischer Nahrung ist meine Seele in diesen Zustand der Lauheit verfallen, der mich zerstört. Um mich davon zu befreien, werde ich folgende Mittel anwenden:
Frömmigkeit
Das ganze Morgen- und Abendgebet an einem ruhigen Ort verrichten. Je mehr man im Gebet leidet, umso mehr berührt man das Herz Gottes.
2 Gesätzchen vom Rosenkranz. Maria wird stets der Gegenstand meiner zartesten Liebe sein.
Eine fromme Lektüre. Ich werde die Lebensbeschreibung eines Heiligen in die Hand nehmen usw., aber ich werde an der Lektüre desselben Werkes festhalten, um die Unbeständigkeit zu vermeiden, welche der Frömmigkeit so schadet.
Ich werde am Fest Maria Himmelfahrt und an Weihnachten zu den Sakramenten gehen.
Ich werde jeden Tag mein Gewissen erforschen, indem ich meine Tagesordnung durchgehe.
Meine Arbeit wird 2 Stunden pro Tag nicht überschreiten; ich werde in diesem Punkt meine Kräfte berücksichtigen.
Wer immer sich als glaubenslos oder verdorben erweist, der sei für mich wie ein Dämon. - Wenn mich die Umstände zwingen, mit ihm zusammenzusein, werde ich eine ablehnende Haltung einnehmen.-
Wenn man mir Fragen stellt, werde ich freimütig meinen Glauben bekennen. - Wenn man diesen ins Lächerliche zieht, werde ich den Umgang (mit solchen Leuten) aufgeben, oder durch mein Schweigen zwei Siege davontragen.
Ich werde versuchen, eine ruhige Haltung zu bewahren und die Leidenschaft heftiger Verlangen meiden; ich werde mich einüben in der hl. Gleichmütigkeit und den Willen Gottes abwarten. Alle meine Gebete sollen dieses Ziel anstreben.
O mein guter Engel, erinnere mich an mein Versprechen, trage es zu Maria; und du, meine Mutter, trage mich zu Jesus!
Möge der Beginn und die Ausdauer in diesem Versprechen eines der Kleinode meiner Krone sein.
Belley, 3. August 1840.
Dazu verpflichte ich mich.
An Marianne
Nr.0014
V. J. L. M.
Belley, 9. August 1840.
Meine lieben Schwestern!
Es ist Zeit, Euch zu schreiben, seit geraumer Zeit erwarte ich mit Sorge Eure Nachrichten. Wenn Ihr meine zwei letzten Briefe nicht beantwortet habt, weil Ihr mein Herz betrüben wolltet, so ist es Euch gelungen; denn Ihr sollt wissen, daß man nicht der Nächstenliebe Ade gesagt hat, wenn man sich von der Welt zurückgezogen hat. Gewiß verdiene ich es wohl, daß Ihr mir nicht mehr die Anhänglichkeit erweist, weiß ich doch, wieviel ich Euch in meinem ganzen Leben leiden machte; aber was wollt Ihr! Wenn der lb. Gott wünscht, daß ich Euer Kreuz sei, so wünscht er auch, daß Ihr dieses Kreuz liebt. Ach, meine lb. Schwestern, es ist besser, daß Ihr über meinen Leib weint, als daß ich das Unglück gehabt hätte, Euch Anlaß zu geben, über meine Seele zu weinen.
Es ist wahr, daß ich Euch für diese Erdenzeit unnütz bin, aber die hl. Jungfrau, der ich Euch täglich anempfehle, wird Euch alles anrechnen. So bitte ich Euch nur um eines: daß Ihr mir über Euren Gesundheitszustand berichtet. Wenn ich Euren Schmerz auch nicht mildern kann, so werde ich wenigstens an Euren Leiden mittragen und mit größerem Eifer beten...
Was mich betrifft, so geht es mir gut; wir haben Urlaubszeit und ruhen uns jetzt ein wenig aus. Von den famosen Bankrotterklärungen, die sich in Grenoble ereigneten, habe ich mit Schmerz erfahren; ich danke innig dem lb. Gott, daß ich nicht jetzt mit Eurem Einverständnis das wenige, was uns verbleibt, verkauft habe: heutzutage spricht man überall nur von Bankrott, man kann sein Geld nur mehr als Hypothek anlegen.
Nun also, meine lb. Schwestern, Mut und Zuversicht! Heuer werde ich Euch nicht besuchen: meine Anwesenheit würde nur die Schmerzen erneuern; dann will der lb. Gott dieses Opfer, weil ich nicht nach La Mure gehen könnte, ohne auch Monteynard zu besuchen. Und ich hätte nicht den Mut, an den Gräbern jener Menschen zu weinen, die ich so geschätzt habe.
Schreibt mir; Ihr wißt, daß ich Euch nicht auf Antwort warten lasse: ich habe wirklich eine Freude, Euch zu schreiben.
Ich werde für Euch am Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel die hl. Messe feiern. vereinigt Euch im Geiste mit mir.
Vielleicht werde ich eine Reise nach St. Franziskus Régis unternehmen: dort könnt Ihr sicher sein, daß Ihr den größten Anteil an meinen Gebeten genießen werdet.
Euer im Herrn ergebenster
J. Eymard.
An Fräulein Julian-Eymard,
du Breuil-Straße, in La Mure (Isère).
An Marianne
Nr.0015
Belley, 27. September 1840.
Meine lieben Schwestern!
Fahrt so fort, schreiben zu lernen, ich stelle mit Genugtuung fest, daß Ihr darin Fortschritte macht: ich kann Eure Schrift sehr gut lesen. Wenn Ihr lest, schaut genau hin, wie die Wörter geschrieben sind, damit Ihr sie richtig schreibt; man muß ordentlich lernen, die Buchstaben zu zählen.
Euer Brief hat mir große Freude bereitet. Möge der lb. Gott und seine hl. Mutter Euch segnen, denn Ihr seid mir vor Gott immer gegenwärtig. Ich erbitte nichts vom Himmel, ohne es mit Euch zu teilen.
Was das Geld betrifft, von dem Ihr mir schreibt, so hatte ich bezüglich dieser 8 Francs die betreffenden 8 Messen noch nicht zelebriert; Ihr wißt doch, daß ich nur die erste und die letzte der Novene zelebriert habe, wenn nicht bezahlt wurde, - damit nicht alles verlorengehe. Wenn Ihr dieses Geld verwahren könnt, werde ich die 8 Messen baldigst feiern. An den Festtagen Unseres Herrn und der hl. Jungfrau sollt Ihr Euch stets mit meiner Meinung vereinigen, weil ich die hl. Messe teilweise für Euch feiere.
Ich muß auf die Reise nach La Mure verzichten, einmal, weil mich die Reise nach La Louvesc ermüdet hat; aber jetzt geht es mir recht gut. Dann stehen wir auch am Schulbeginn; daher müssen wir alles gut vorbereiten. Dann muß ich für 5 oder 6 Tage weg wegen unserer Angelegenheiten, um unsere Professoren aufzusuchen.
Wenn der Herr Pfarrer so gütig ist, an mich zu denken, so dankt ihm dafür. Den guten Pfarrer, ach, ich liebe ihn noch immer: er war mir gut gesinnt.
Auch der Hochwürden und teure Freund Baret hat einen Platz in meinem Herzen.
Ich danke dem lb. Gott für seine so väterliche Fürsorge zu seinen Kindern; man teilte mir mit, daß die Ernte gut ausgefallen ist.
Ich muß Schluß machen, wir befinden uns in Exerzitien; ich war genötigt, um Dispens anzufragen, um den guten Benvin aufzusuchen und Euch zu antworten.
Euer in der Liebe des Herrn
verbundener Bruder
J. Eymard.
An Fräulein Julian-Eymard,
du Breuil-Straße, in La Mure (Isère).
(Eilbrief)
An Marianne
Nr.0016
M. Imm.
Belley, 8. Dezember 1840.
Meine liebsten Schwestern!
Seit einem Monat drängt es mich, Euch zu schreiben; ich kann es mir nicht erklären, wie es dazu kam, daß mich Euer Brief in dieser Faulheit überrascht hat: ich schäme mich darüber ordentlich. Die zahlreichen Beschäftigungen entschuldigen mich nicht, weil ich eher etwas von meiner Schlafzeit hätte hernehmen sollen. Kurzum, verzeiht meine Verspätung, das nächstemal werde ich pünktlicher sein. Am Beginn eines Schuljahres gibt es soviel zu tun, daß man eigentlich bis zu einem gewissen Grad entschuldbar ist. Ich sehnte mich ständig nach einer wirklich freien Stunde, um mich mit Euch unterhalten zu können; dann ist es immer beim Wunsch geblieben.
Heute endlich, am schönen Fest der Unbefleckten Empfängnis, schreibe ich Euch, und zwar ist dies heute mein erster Brief. Ich habe wenigstens 6 Briefe zu schreiben.
Seit zwei Monaten lebte ich allein, ohne jede Beziehung zu meinen Freunden. Es geht mir sehr gut, dank der hl. Jungfrau - , ich war nie krank. Es hat den Anschein, daß meine jetzige Beschäftigung meinem Temperament gut entspricht: es gibt stets etwas zu tun, aber es ist nie zu streng.
Wir brauchen uns hier über kein Unglück zu beklagen: Belley ist etwas höher gelegen, da gibt es nichts zu befürchten. Aber im Departement gibt es unberechenbare Schäden: das ist der Besuch Gottes; wir vergessen ihn etwas zu viel, und daher sucht er uns heim.
Meine gute Schwester, Ihr tragt es mir immer noch nach, daß ich Euch während des Urlaubs nicht besucht habe; seid versichert, das hat mich viel gekostet. Ich dachte von Chatte aus zu schreiben, um Euch beide dort zu erwarten; aber ich sagte mir: ich bin nicht soviel wert, meine lb. Schwestern so weit laufen zu lassen; zudem müßte ich Euch trösten, Eure Tränen trocknen, wo mir doch selber wegen Eurer Traurigkeit ganz weh ums Herz ist. Nach La Mure gehen: ein Ordensmann lebt unter dem Gehorsam; sodann hingehen, um tausend Klagen, tausend Vorwürfe von seiten meiner Freunde anzuhören; dazu würde ich - um die Wahrheit zu sagen - nicht den Mut aufbringen. Kurz, vergebt mir diesen Fehler, wenn es einer war.
Ihr berichtet mir keine Einzelheiten, weder über Eure Gesundheit noch über Eure Arbeiten: nun gut, ich vergebe Euch auch das. Hört, ich möchte Euch eine kleine Bosheit sagen, aber ganz ohne Groll: "Ihr habt recht, uns nicht so zu lieben wie Eure Freunde." Ich sage zuerst einmal, daß dies eine große Lüge ist, aber auch, daß es eine große Dummheit für mich darstellt. Ich sehe genau, daß der Brief diktiert wurde, sonst hättet Ihr mir meinen Fehler und meine Trägheit sanfter vorgehalten.
Seht, ob ich nicht sehr brav bin: ich bete mehr für Euch als für mich: an jedem Morgen um 7 Uhr erhaltet Ihr die Hälfte meiner Messe; und wenn ich den Kreuzweg betrachte, so gehört die Hälfte von dem, was ich erbitte, Euch; handelt Ihr genauso für mich! Wir essen zwar nicht dasselbe Brot, aber wir haben denselben himmlischen Vater, und eines Tages werden wir auf demselben Thron sitzen.
J. Eymard, p. S. M. D.
An Fräulein Marianne Eymard, du Breuil-Straße
in La Mure (Isère).
An Marianne
Nr.0017
Vivat Jesus!
Belley, 2. Jänner 1841.
Liebste Schwestern!
Gestern habe ich Eure Neujahrsglückwünsche erhalten. Ihr wünscht mir ein glückliches Jahr; ich danke Euch dafür und ich wünsche Euch beiden dasselbe: möge dieses Jahr ein glückliches Jahr für den Himmel werden! Das nehme ich an, ist Euer Gedanken; denn Glück auf Erden hat es nie mehr gegeben, seitdem Gott zum Sünder Adam gesagt hat: "Im Schweiße deines Angesichtes wirst du dein Brot essen." Für die Jünger Jesu Christi wird es auf dieser Welt nie mehr das Glück geben, sondern vielmehr Verfolgungen, Kreuztragen und fortdauerndes Opferbringen. Das ist es, was Jesus Christus uns in dieser Welt bereithält und womit er Euch seit langer Zeit nährt. Wenn man aber, meine lb. Schwestern, einen Steinblock behauen will, um daraus ein schönes Kunststück für einen Palast zu gestalten, verwendet man keinen minderwertigen, ganz verkalkten Stein; das wäre umsonst: er würde unter den ersten Schlägen des Arbeiters zerbersten. Wenn man sich einen Freund auswählen möchte, prüft man ihn, bevor man ihm sein Herz öffnet; seid daher nicht überrascht, wenn der lb. Gott mit Euch ebenso verfährt. Weder ich noch die anderen verursachen Eure Opfer..., wir sind nur der Anlaß dazu. Jesus Christus ist es, der sie will, der selbst Euren Bruder benützt, um Euch leiden zu lassen. Was tun? Sich glücklich schätzen, etwas zu besitzen, um es Gott zu opfern: es ist nicht jedermanns Sache, Unserm Herrn in solcher Nähe nachzufolgen.
Prüft und überlegt, solange Ihr wollt, die letzte Antwort auf alles ist dies: um in den Himmel einzutreten, muß man auf Erden viel leiden. Die evangelische Geduld und die Großherzigkeit der Braut des Erlösers! - das, meine teuren Schwestern, wünsche ich Euch und erbitte es für Euch zweimal am Tag von der hl. Jungfrau.
Ihr könnt es mir glauben, nie habe ich für Euch soviel gebetet wie jetzt, seitdem ich Ordensmann bin; Ihr seid das Einzige, was ich auf der Welt liebe, und in Jesus Christus ersehne.
Das Unglück, welches Euch in diesen letzten Tagen passiert ist, hat mir große Sorge um Euch bereitet; man soll sich aber trösten und in Jesus und Maria sein ganzes Vertrauen setzen: nur das wird Euch passieren, was Jesus Christus will und wünscht.
Ihr tut vielleicht gut daran, Euer Haus bei Herrn Clavel zu versichern oder noch besser: nehmt die hl. Jungfrau als Versicherung; gebt ihr jährlich eine kleine Summe zu diesem Zweck und sie wird es gut behüten.
Morgen, Fest des hl. Josef, werde ich die hl. Messe für Euch feiern.
Übt Euch weiterhin fleißig im Schreiben; ich habe es immer gern, die Unterschrift der lb. Nanette zu sehen; ich weiß nicht, warum ich diese Unterschrift nicht mehr sehe... Ich will hoffen, daß sie nicht krank ist.
In Euren Briefen möchte ich einige Einzelheiten über die Heimat lesen. Man erzählte mir, daß einer der Vikare wegen einiger Schwindeleien davongegangen ist: um so schlimmer! Seht Ihr, lb. Schwestern, glaubt meinem Rat: ehren wir aufrichtig die Priester, achten wir sie sehr, schätzen wir uns glücklich, ihnen unsere ganze Wertschätzung und unser Vertrauen entgegenzubringen; bezüglich dieser Betrügereien aber, hüten wir uns wohl, für jemand gegen die anderen Partei zu ergreifen. Aber in dieser Hinsicht kenne ich ja Eure Klugheit.
Gebt mir bitte Nachricht über Herrn Lesbros, über die Mutter Cros, über die ehrsame Familie des Herrn Fayolle. Grüßt sie mir bei der nächsten Gelegenheit.
Hier gibt es nichts Neues. Es geht mir recht gut. Ich liebe Euch ununterbrochen fest. Teilt mir stets Eure Sorgen mit und ich werde sie zur Hälfte mit Euch tragen: wir sind Geschwister. Ich umarme Euch im Herzen Jesu und Mariens
Euer Bruder
J. Eymard, p.
An Marianne Eymard, du Breuil-Straße
La Mure (Isère).
An Marianne
Nr.0018
V. M.
Belley, 5. Februar 1841.
Meine liebsten Schwestern!
Heute ist ein schöner Tag für mich, denn heute habe ich Euch als Patin erhalten. Ihr wißt, daß ich Euch millionenfach unter dieser süßen Bezeichnung gerufen habe. Als ich in den geistlichen Stand eingetreten bin, habe ich Euch den Namen "Schwester" gegeben; aber die Gefühle des Patenkindes werden fortbestehen bis zum Himmel, denn ich schulde Euch viel, vor allem, daß Ihr mich in meiner Jugend von den Gelegenheiten zum Bösen ferngehalten habt, sodaß ich sagen kann, daß ich zum Teil Euch meinen Beruf im kirchlichen Stande verdanke. Ich war damals zuviel von schlechten Gesellschaften umgeben, als daß ich nicht sehr lasterhaft geworden wäre. Ich bitte den lb. Gott sehr, er möge Euch dies am großen Tag der Abrechnung vergelten. Für die hl. Agatha, deren Fest auf meinen Tauftag fällt, habe ich stets eine innige Verehrung bewahrt.
Ich fühle auch das Bedürfnis Euch zu schreiben, um Neuigkeiten von Euch zu erbitten. Seit diesem Unfall, von dem ich Euch lediglich nur ein Wort schreiben konnte, bin ich in großer Sorge. Ich fürchte sehr, daß die Überraschung und der Kummer Euch beide krank gemacht haben. Wenn Ihr mir einen Gefallen erweisen wollt, so schickt mir Eure Nachrichten.
Kaum hatte ich meinen letzten Brief an Euch abgesandt, spürte ich ein Bedauern bei Gedanken, daß ich Euch Worte des Kreuzes anstatt des Trostes geschickt habe. Ich habe Euch aufgefordert, das Kreuz zu lieben, vielleicht wart Ihr aber schon damit beladen. Kurz, da ich Euch nicht mit meiner Anwesenheit helfen konnte, so blieb mir nichts anderes übrig, als Euch Jesus Christus am Kreuz, dann den offenen Himmel und diese doppelte Krone, die Euch erwartet, zu zeigen.
Es geht mir recht gut. Ich habe einen großen Wunsch: schnell ein Heiliger zu werden, um in den Himmel zu kommen und die hl. Jungfrau samt unseren armen Vater und und meine gute Mutter zu finden. Ich beginne auf der Welt dahinzuwelken. Freilich liebe ich Euch noch immer; aber habt es mir nicht für ungut, wenn meine ganze Liebe zu sich auf Eure Vollkommenheit, dann auf den Himmel beschränkt.
Indessen bitte ich Unseren Herrn, Euch noch ein wenig auf der Welt zu lassen: ich habe es lieber, daß Ihr Euer Fegfeuer hier erleidet. Gebt mir in Eurem Brief Nachricht über Frau Lesbros und laßt sie mir schön grüßen, ebenso Hochwürden Second und Josef Desmoulins. Sollte es einige Todesfälle gegeben haben, gebt mir bitte deren Namen bekannt: ich bete so gern für jene, die ich gekannt habe!
Euer in Unserem Herrn ergebenster
J. Eymard, p. m.
An Fräulein Marianne Eymard.
du Breuil-Straße, La Mure (Isère).
An Marianne
Nr.0019
V. M.
Belley, 19. April 1841.
Meine liebe Schwester!
Ich hoffte, Euch nach Ostern besuchen zu kommen, wurde aber durch eine Grippe und ein Kehlkopfleiden bis jetzt daran gehindert. Es geht mir besser. In 10 Tagen werden wir unsere Erstkommunionfeier begehen; da ich dafür verantwortlich bin, kann ich erst danach abreisen. So werde ich Anfang Mai Euch einen kleinen Besuch abstatten, wenn es Gott will.
Die Briefe, die mir Nachrichten über Euren Gesundheitszustand brachten, ließen mich ordentlich traurig werden; sie verpflichten mich für Euch fest zu beten: das ist für mich eine Pflicht und ein Trost. Ihr aber sollt dieses Fegfeuer, diesen Kalvarienberg und dieses Kreuz gut ausnützen. Ich weiß wohl, daß die Natur das Leiden nicht mag, aber Euer Glauben wird dadurch großmütiger und die Frömmigkeit reinigt und vereint sich mehr und mehr mit dem lb. Jesus. Alles, was Euch zu tun bleibt, ist das Verweilen in einer liebevollen Gleichförmigkeit unter dem hl. Willen Unseres Herrn.
Wir aber werden ihn bitten, Euch noch hier zu lassen. Die Hoffnung, daß es bessergehen wird, tröstet mich; laßt mir oft Nachrichten zukommen.
Ich bitte die lb. Nanette sehr, sich etwas mehr zu schonen: ihr gutes Herz läßt sie ihre eigenen Bedürfnisse vergessen, sie muß sich jedoch schonen. Ihr habt Freunde, die Euch ohne Zweifel gerne helfen wollen.
In Euren Leiden betet für mich!
Euer Bruder
J. Eymard, p. m.
An Fräulein Marianne Julian-Eymard,
du Breuil-Straße, in La Mure (Isère).
An Herrn Anton Mayet
Nr.0020
Belley, 17. Mai 1841.
Lieber Herr!
Ich will mein Wort halten und Ihnen eine Schmuggelware übergeben; Sie werden, wie ich hoffe, an der Ware guten Geschmack finden, und die Fräulein werden sie begutachten; der Webstuhl ist von Ihnen ausgegangen, dann hat die Hand dessen Preis erhöht; sie ist so geschickt, diese Hand! Sie trägt sein Herz, und dieses Herz schwärmt für seinen teuren Toni; wenn es sich unterhalten will, erzählt es mir über Ihre Leistungen, wenn es sich ausdehnen muß, erzählt es mir von Ihnen; ach, dieser Bruder liebt Sie! Ich habe noch nie eine so feinfühlige, zarte Person in der Freundschaft gefunden.
Ihr Fräulein Schwester hat ihm mit der jünsten Sendung des Bildes eine unbeschreibliche Freude bereitet.
Seine Gesundheit geht halbwegs. Wie schade, daß man sich nicht auch die Kraft mitteilen kann, wie man dies bei der Freundschaft vermag! Er plant, sofort nach Uriage in den Urlaub zu fahren; ich wünschte es sehr, ihn begleiten zu können. Wenn ich frei sein werde, wäre es mir ein Vergnügen.
Ihr kurzer Besuch hat Sie bei uns in lebhafter Wertschätzung zurückgelassen; alle unsere Herren Professoren mögen Sie. Ein zweiter Besuch würde uns noch sehr wohltun. Sie wissen ja, daß man aus zwei Freunden einen einzigen macht, und ich bin der dritte.
Eymard
Direktor.
NB! Im Anschluß an diesen Brief folgt im Band B ein Lied-Text, der aber von P. Mayet geschrieben wurde, daher wird er in der Briefe-Version von Château-Gontier nicht eingefügt.
Am Ende dieser Strophen steht folgender Briefschluß:
(Leb wohl, guter Freund, bis zum nächsten Diebstahl, aber Sie werden es mir zurückzahlen.)
An Herrn
A. Mayet Ngt.
bei den Herren Menthe und Kompanie
Spediteure
Kapuzinerstraße
L y o n.