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An Marianne

Nr.0001

Saint-Robert, 30. Juni 1828.

(Hospital, 6 km von Grenoble entfernt, A.d.H.)

Liebe Schwester!

Ich schreibe Euch diese paar Zeilen, um Euch über meinen Gesundheitszustand zu berichten. Er ist - Gott sei Dank! - ziemlich gut; ich hoffe mit diesen Zeilen dasselbe auch von Euch.

Ich möchte Euch mitteilen, daß ich sehr aufgebracht war, Euch vor meiner Abfahrt nicht mehr gesehen zu haben. Ihr hättet doch einen Augenblick auf mich warten können. Kurzum, es ist anders gekommen; ich hoffe aber, Euch im Laufe des Sommers besuchen zu können. Das Fieber beginnt sich schon zu legen; ich würde aber lügen, wenn ich behauptete, ich wäre nicht krank. Ich fühle mich schlechter als je zuvor. Wenn ich wenigstens jemanden hätte, der mir Gesellschaft leistete; ich würde mich nicht so elend fühlen; ich habe aber sozusagen niemanden. Ich hoffe, daß sich der Herr meiner erbarme und mich aus diesem Abgrund der Unordnung und des Verbrechens, der hier im Bicètre herrscht, herausziehen wird.

Ach, möge mich der Herr davor bewahren, hier meine Tage zu vollenden!

Ich bitte Euch, mich in die marianische Kongregation einschreiben zu lassen; da das Fest Maria Heimsuchung naht, wäre ich froh, zu Euren Mitgliedern zu zählen. Ihr könnt selber meine Stunde durch das Los bestimmen, die ich der hl. Jungfrau weihe; schickt mir bitte mein Bild, das sich im Buch befindet, welches ich nach U. Lb. Frau von Laus mitgenommen habe.

Wenn ich im Sommer nach La Mure kommen kann, verspreche ich Euch, eine recht hübsche Predigt zu halten. Bis dahin verbleibe ich in Achtung und Freundschaft mit Euch verbunden.

(Hier befindet sich eine Zeichnung, wie Julian kniet,

in der Hand ein Kreuz hält und zu Gott betet.)

Seht Ihr, ich bete zum lb. Gott für alle unsere Verwandten und auch für Nanette, die ich als meine Schwester betrachte. Seht, welche Freude mein Gesicht ausstrahlt.

Betet auch Ihr innig für mich, denn ich habe es sehr nötig, um tugendhaft zu bleiben inmitten so vieler Halunken.

Grüßt mir den Herrn Pfarrer. Ich war so aufgebracht, daß ich ihn vor meiner Abreise nicht mehr sehen konnte, und daß ich nicht einmal seiner Schwester meine Grüße für ihn übermitteln konnte, so arg waren meine Schmerzen!

Ich würde niemals schließen und selbst wenn ich könnte, möchte ich immerfort weiterschreiben; aber das Briefpapier zeigt mir an, daß ich zum Ende kommen muß. Von allen Seiten bedrängt, schließe ich mein Schreiben, indem ich Euch beide herzlich grüße im hl. Herzen Jesu und Mariens.

Julian Eymard.

Ich habe vergessen, Euch zu sagen, daß niemand mit mir geschimpft hat, weder Herr Dumoulins noch der Direktor; im Gegenteil, sie haben mich freudig empfangen: die hl. Jungfrau war mir gewogen.

An Fräulein Marianne Eymard,

bei ihrem Vater in La Mure (Isère).

Eilt sehr!

(P. Eymard war damals 17 Jahre alt, A.d.H.)


An Marianne

Nr.0002

L. C. M.

Marseille, 13. Oktober 1829.

Meine lieben Schwestern!

Ich habe Euren Brief empfangen; er hat mir viel Freude bereitet. Ich kann nur meine Schuld eingestehen, derer Ihr mich anklagt; glaubt indes nicht, daß ich Euch aus Faulheit nicht geschrieben habe, denn es lagen wirklich andere Gründe vor. Ich habe mitten unter so guten Kameraden derart herrliche Tage verbracht, daß die Zeit verflog, ohne daß ich es merkte. Ich habe mich sehr gefreut über das, was Ihr mir in Eurem Brief mitgeteilt habt, daß es Euch nämlich gut geht. Ich kann Euch gleichfalls versichern, daß ich mich einer ziemlich guten Gesundheit erfreue, ohne seit meines hiesigen Aufenthaltes zu erkranken. Ich war sehr überrascht, daß Ihr die Gelegenheit, die Euch Brunel angeboten hat, nicht ausgenüzt habt. Ich erwartete von Euch, daß Ihr mir ab und zu einen Brief schreibt; aber nach dem, was Ihr mir berichtet habt, daß Ihr ihn nämlich nicht einmal gesehen habt, war ich nicht wenig erstaunt... Übrigens ist dies unter solchen Umständen gar nicht verwunderlich: man fühlt sich nicht mehr dazu aufgelegt und vergißt gar manche Dinge. Ihr habt mich mit Eurem Brief außerordentlich überrascht. Erst als ich den Brief ein zweitesmal durchlas, habe ich Eure Handschrift erkannt; im ersten Augenblick dachte ich, die gute Nanette hätte geschrieben; ich bin sehr froh darüber, daß Ihr weitermacht, lesen und schreiben zu lernen: nur weiter, weiter! Ihr werdet zum Ziel kommen, ich verspreche es Euch!

Sprechen wir jetzt aber über etwas anderes, nämlich von der Kongregation. Läuft sie gut? Ich bitte Euch, mir darüber zu berichten. Empfehlt mich vor allem den Gebeten der frommen Kongregationsmitglieder, ohne Euer Gebet und jenes von Nanette zu vernachlässigen, damit ich in der so heiligen Berufung, zu der mich Gott bestinmmt hat, bis zum Ende ausharre...Hütet Euch vor dem Handeln der Pharisäer, d.h. vor der Gesellschaft mit Männern: flieht sie, flieht sie! Ich bitte Euch, auf unsere Henriette achtzugeben, falls sie immer noch bei uns ist; denn ich habe einmal den Arbeiter von Vanard bemerkt, wie er mit ihr geplaudert hat; das hat mir viel Sorge gemacht...

Ich würde nie aufhören, könnte ich immerfort weiterschreiben; ohne Unterlaß kommen mir Dinge in den Sinn, aber jetzt wird es doch Zeit aufzuhören. Ich empfehle mich sehr Eurem Gebet, ich vergesse Euch nie und schließe Euch stets in meinen Gebeten ein. Grüßt mir die Babos, die ich zu besuchen vergessen habe, und vergeßt nicht Baret. Dieser treue Freund hatte die Güte, mir über Brunel zu schreiben, und ich habe seinen Brief noch nicht beantwortet.

Ich schließe, lb. Schwester, mit ergebenen Grüßen an Euch und auch Nanette und fühle mich geehrt, Euer Bruder zu sein.

Julian Eymard.

P.S.- Meine Gratulation zu Eurem Glück, unsere Patres reden zu hören.

An Fräulein Marianne Eymard,

bei ihrem Herrn Vater in La Mure.


An Marianne

Nr.0003

III,4.

An Fräulein Eymard im J. 1837.

J. M. J.

Liebe Schwester!

Ich komme in Unserem Herrn, um mich mit Euch geistlich zu unterhalten; da unsere Freundschaft ganz in Gott und für den Himmel gründet, ist es wohl gerechtfertigt, daß wir uns gegenseitig auf der langen und gefahrvollen Reise zur Ewigkeit helfen. Wie oft, meine lb. Schwester, habe ich dem guten Meister gedankt, daß Ihr Euch ausschließlich seinem jungfräulichen Dienst geweiht habt! Wie oft habe ich auch die Pläne der göttlichen Vorsehung mit Euch in allen Euren Lebenslagen bewundert! Alle diese Widerwärtigkeiten, diese Gegensätzlichkeiten, diese Mühen und Leiden, welche Euer Leben gezeichnet haben...!

Weil Gott von Euch eine noch vollkommenere Liebe wollte, deshalb hat er Euch die schönen Gelegenheiten geboten, um ihm diese Liebe zu beweisen. So werdet Ihr weiterhin leiden, ja ohne Unterlaß leiden, denn die göttliche Liebe hat ihren Thron immer auf dem Kalvarienberg Jesu. Eure Krone der Gerechtigkeit muß sich zusammensetzen aus dornigen und blutigen Blumen, die zu Füßen des Kreuzes gepflückt wurden. Wenn Ihr also Jesus lieben wollt, müßt Ihr Euch den Leiden ausliefern und sie lieben als das Band und die Nahrung der Liebe.

Ihr habt mir zwei Fragen gestellt; die erste: was sollt Ihr von dieser Furcht halten? Die zweite: wie sollt Ihr beten? Zuerst antworte ich bezüglich Eurer Angst, nicht nach dem Willen Gottes gehandelt zu haben. Es wäre Euch erlaubt gewesen, sogar ohne die Zustimmung unserer Eltern, eine Stellung für die Zukunft zu suchen, weil das ein natürliches Recht ist; und aus noch stärkeren Gründen war es Euch erlaubt, eine Gesellschaft vorzubereiten und eine so vernünftige und auch christliche Freundschaft zu pflegen. Der Widerstand der Eltern war eher ihre Sorge, Euch nicht bei der Arbeit zu sehen, als eine Verurteilung, weil Ihr zu Eurer Freundin gehen wolltet.

Wenn Ihr dabei sehr glücklich gewesen wäret und Euch geschmeichelt gefühlt hättet über Eure Wahl, wenn Eurerseits alles aus Eurer Situation eine Angelegenheit des Vergnügens und der weltlichen Ehre gewesen wäre, würde ich sagen: es ist eine Strafe, eine Vergeltung in dieser Welt. Aber das Kreuz läßt mich sagen: Gott hat diesen Zustand gewollt, und er hat ihn in seiner Liebe gewollt und will ihn mit Sicherheit. Hätte er ihn nicht gewollt, so hätte er Euch nicht diese Sympathie, diese fortgesetzte Anziehung und Leichtigkeit zur Vereinigung (mit ihm) ermöglicht. Der Dämon hätte alles unternommen, um sie zu verhindern, er liebt keinen Opferweg. Lobt also Gott und dankt ihm für Eure Wahl und Euren Lebensstand: er ist der schönste unter dem Gesichtspunkt des Glaubens und der Liebe.

Nun zur zweiten Frage über die Betrachtung: Soll die Betrachtung gut gelingen, muß sie beim Erwachen des Körpers und der Seele, wenn alles in uns in Frieden und Sammlung ist, vorgenommen werden. Man muß die Betrachtung vor jeder anderen Tätigkeit verrichten, und es gibt Leute, die sie selbst vor dem mündlichen Gebet halten, um aus der Sammlung der Seele größeren Nutzen zu ziehen.

Man muß seine Betrachtung möglichst an einem ruhigen und stillen Ort verrichten; dies ist der Grund, warum beschauliche Menschen die Einsamkeit, Felsenhöhlen, die einsamsten und unauffälligsten Orte des Hauses oder der Kirche aufsuchen: dort ist man näher bei Gott.

Man soll bestrebt sein, einen bevorzugten Betrachtungsstoff zu wählen, der alle anderen Themen beseelt. Ohne Zweifel ist es die göttliche Liebe, aber mit der Kraft des inneren Zuges, wie die Neigung zur Verehrung des Leidens Christi oder des Hl. Altarssakramentes oder der hl. Armut oder auch der Sammlung in seiner göttlichen Gegenwart; hier muß man sich aber einüben in der Liebe zu seinem göttlichen Willen.

Was Euch betrifft, meine lb. Schwester, gebt Euch der Betrachtung hin und folgt dem Zug der Sammlung und Vereinigung mit Unserem Herrn durch die Liebe zur Selbstverleugnung. Schreitet direkt auf Jesus zu ohne zu lange Einleitungen und Vorbereitungen: die Liebe geht direkt zu Herzen, das Kind geht ohne Umwege geradewegs auf seine Mutter zu. Wenn man jemand gernhat, bedient man sich nicht mehr einer Mittelsperson; das tut man nur bei Fremden.

Setzt Euch eine bestimmte Zeit fest, etwa eine halbe Stunde, eine Stunde, je nach Eurer Möglichkeit. Unterlaßt aber vor der Betrachtung jede Tätigkeit, die Eure Aufmerksamkeit beeinträchtigen könnte.

Das, meine lb. Schwester, wären einige sichere Regeln. Ich gebe sie Euch gerne aus ganzem Herzen als Bruder und als Priester und gottgeweihter Mann; er möge Euch die Gabe der Betrachtung und alles, was dazugehört, schenken.

Euer im Herrn ergebenster Bruder

Eymard.


An Hochw. Dumolard

Nr.0004

4. Oktober (1838).

Ich habe unlängst Ihren großmütigen Brief erhalten, mein lieber Freund; alle Ihre Gefühle sind auch meine. Nur Gott kann den Zustand der Kreuzigung kennen, in dem ich mich seit unserer Trennung befunden habe. Ich wollte sofort, aber es kamen tausend Verzögerungen! Die größte davon kommt vom Bischof. Ja, mein Lieber, ich kenne das berühmte Wort des hl. Johannes Chrysostomus: S u p e r c a l c a t o, P e t r e, p e r g e.

Es scheint mir, daß mich nichts mehr aufhalten wird, wenn ich einmal von meiner Berufung überzeugt bin. Ich habe schon zweimal dieses Opfer gebracht, bin aber nie zur Vollendung gekommen. Ich hoffe, das drittemal wird ewig dauern, wenn ich auf dem Weg zu sterben imstande bin, und wie glücklich wäre ich dann!

Sobald ich nur den Vorteil erreichte wie Ihr Bruder, in einem Ordenshaus zu sterben!

Bezüglich meiner zeitlichen Angelegenheiten: ich habe einige persönliche Schulden. Ich möchte sie vor meiner Abreise begleichen; und ich schlage mir nichts weniger vor, als einige meiner Bücher zu verkaufen und den Rest mitzunehmen.

Halten Sie die Sache so geheim, daß unser Bestimmungsort erst nach unserer Abreise bekannt wird.

Ich arbeite ein wenig an der Abfassung einiger GrundsatzKatechesen, damit ich dennoch nicht nackt dastehe; aber ich glaube, daß man die Verspätung des Winters verschlingen werden muß.

Der Bischof wird Ihnen alles entgegensetzen, was er nur kann. Aber ich hoffe, einen zwingenden Grund zu haben. Sie haben die ausländischen Missionen. Übrigens kenne ich wie Sie all die Schwierigkeiten, die sein neu zu gründendes Haus durchstehen wird, und ich will sie nicht erleiden. Im übrigen will ich von der Diözese ausscheiden, um frei und unbekannt zu sein.

Gewinnen Sie den Bischof, und alles ist erledigt.

Kommen Sie diese Woche nicht auf Besuch, ich gehe nach Voreppe. Ich hole den Altar, den mir Herr v. Perus angefertigt hat.

Ganz und immerfort Ihr

herzlichst verbundener

Eymard, Pfarrer.


An Marianne

Nr.0005

Es lebe Maria!

Grenoble, 19. August 1839.

Meine lieben Schwestern!

Ich habe die 19 Franken bei Fräulein Marsallat für den Triumphwagen bezahlt; somit könnt Ihr Euer Geld für Euch zurückbehalten. - Ich habe mich mit dem Bischof getroffen, und wenn er Euch ermuntert hat, Euch in die Arme des Vertrauens in Gott und seiner hl. Mutter zu werfen, so bin ich verpflichtet, mit Euch dieselbe Sprache zu reden. Unser Herr kennt das Opfer, das ich bringe; es wäre aber ein Irrtum anzunehmen, daß Ihr dadurch die ersten Verlassenen wäret; Ihr werdet es nicht sein, das kündige ich Euch im Namen Jesu Christi an: eher wird Gott ein Wunder wirken, um Euch zu Hilfe zu kommen. Somit habt also Vertrauen, seid ergeben und werft Euch in die Hände Gottes; dies ist das Anliegen meiner Gebete für Euch.

Der Bischof hat mir aufgetragen, von hier wegzuziehen, um nicht Eure Schmerzen zu erneuern und nicht Zeuge der Tränen meiner Pfarrkinder sein zu müssen: Ihr kennt ja meine Weichherzigkeit! Ich habe es Euch verheimlicht... wenn ich aber nach Monteynard zurückkehrte, würde ich dort entweder erkranken oder Gefahr laufen, meine Berufung zu verlieren. Der hl. Wille Gottes geschehe! Und wenn ich dem Tod entgegengehe, so werden wir, Ihr und ich, das gleiche Verdienst haben: Ihr mußtet mein Opfer teilen, wie Maria das Opfer Jesu Christi geteilt hat. Gott sei dafür gepriesen! Nun hört mit dem Wienen auf: Ihr verliert mich für einen Augenblick, um mich gleichförmiger mit Jesus Christus wiederzufinden. Und Ihr werdet gleichförmiger sein mit Unserer Lb. Frau der Sieben Schmerzen. Sodann hoffe ich, daß Unser Herr mein kleines Opfer, das ich mit meinem ganzen Wesen bringe, wohlgefällig annehme. Ich bin nicht viel wert, aber wenn ich noch weniger wert wäre, würde ich mich immer noch ganz dem Herrn opfern.

Ich bin glücklich, ans Ziel meiner Wünsche zu gelangen; es kostet Euch viel, so blickt denn zum Himmel empor: eines Tages werden wir alle drei für immer dort sein. Ich übergebe Euch den Händen Marias.

Euer Bruder

J. Eymard.

P. S. - Laßt meine Sachen bei meinem Nachfolger im Pfarrhaus. Ich werde sie in drei oder vier Wochen abholen lassen. Ihr werdet mich nicht verurteilen. Vor meiner Abfahrt hatte ich ein kleines Paket abgesandt. Alles, was mir fehlt, habe ich bei mir.

Ich rate Euch beiden, acht Tage in Saint-Marcellin bei Herrn Brun zu verbringen; er wird Euch wie zwei Schwestern aufnehmen.

In Kürze werde ich Euch schreiben; ich hoffe, daß meine Briefe nicht Eure Schmerzen erneuern.


An Pfarrer Baret

Nr.0006

Lyon, 21. August 1839.

Lieber Freund!

Endlich bin ich angekommen, glücklich, zufrieden und recht gut beisammen. Ich bin so aufgenommen worden, wie Du es sein wirst: wie ein herzlicher Freund. Man wartete auf Dich und war betrübt, Dich nicht zu sehen. "Aber bald werden Sie ihn sehen!" Mit dieser Hoffnung haben sie sich getröstet. Beeile Dich, mein Lieber, hier ist man in allen Beziehungen im Paradies. Um hierher zu gelangen, muß man viel leiden; aber wenn man einmal eingetreten ist, fühlt man sich so glücklich! Ich habe mit Herrn Chatrousse und dem Bischof über Dich gesprochen. Bald wirst Du Deinen Nachfolger bekommen. Halte Dich bereit. Sobald Herr Jardin frei ist, wirst Du es ebenso sein. Ach, wie ist man unglücklich, wenn man von seinem Wunsch getrennt ist! Aber sei unbesorgt. Diese Herren wollten, ich soll Dir schreiben und melden, vor dem 28. zu kommen; aber wir werden dieses Opfer bringen. Ich schreibe an Sayetat, er soll kommen. Versuche, ihn möglichst bald zu treffen, auch wenn Du eigens dafür hingehen müßtest. Diese Herren haben einen äußersten Bedarf; einer ihrer Mitbrüder tritt aus, und es ist eine Fügung der Vorsehung, wenn Sayetat kommt.

Versuche Bücher zu verkaufen, um Herrn Format zu bezahlen und die 4 Francs 80, die ich dem Straßenbauunternehmer Gallet schulde, zurückzuzahlen. Wenn es Dir möglich ist, verkaufe mein Nachschlagewerk der Hl. Schrift. Es hat mich 28 Francs gekostet; gib es für 20-22 Francs her; verkaufe auch Bourdaloue an den Abbé Guignier um wenigstens 1 Franc pro Band. Verkaufe auch den Thesaurus Patrum (Schatz der Kirchenväter, A.d.Ü.) um etwa 20 Francs. Aber gib keines meiner Infolio her. Behalte auf jeden Fall Deine teuren Bücher, vor allem Bossuet; bringe Deinen oder meinen Rendant mit.

Wenn Du auch etwas zu Geld machen könntest zur Bezahlung der Versandgebühren meiner Habseligkeiten, wäre ich froh; aber ich denke jetzt, daß Herr Dumolard nicht säumen wird, jemanden ausfindig zu machen. Herr Format usw., v i r e s t o f o r t i s (Sei ein tapferer Mann! A.d.Ü.). Dein Ziel ist es wert und erfordert es.

Dein Freund

Eymard.

An Herrn Baret, Pfarrer von La Motte-d'Aveillans,

über La Mure (Isère)


An Pfarrer Baret

Nr.0007

Lyon, 6. September 1839.

Mein lieber Freund!

Von unseren Exerzitien zurückgekehrt, schreibe ich Dir ein paar Zeilen, um von Dir doppeltsoviel zu erhalten. Wie glücklich wärest Du gewesen, hättest Du an diesen ganz väterlichen und zu Herzen gehenden Exerzitien teilnehmen können! 40 Maristen waren anwesend. Ach, mein Lieber, was für ein Unterschied zwischen diesen Exerzitien und den unsrigen! Wenn Du wüßtest, wie man sich in dieser Gesellschaft Mariens gern hat! Ich habe wunderbare Dinge gehört und werde Dir davon mündlich erzählen; übrigens bin ich gar nicht imstande, sie zu schildern, sie sind des Himmels würdig. Ich bin stets zufrieden; es werden jetzt mehrere Novizen erwartet, u.zw. Novizen, mein Lieber, die uns beschämen werden. Ich habe vier von ihnen gesehen: einen Seminaroberen, einen Notar und zwei Studienaufseher in Lyon. Man spricht sogar von noch weiteren Kandidaten. Es ist hinreißend zu hören, wie man sich von den Prüfungen erzählt, welche jeder durchstehen mußte. Wir sind nicht die einzigen, die es etwas gekostet hat, um hierher zu kommen; man muß diese Gnade ein wenig erkaufen.

Der Herr Generalobere kommt nach Lyon, um sich hier niederzulassen. Welches Glück für uns, ihn hier zu haben!

Schreib mir etwas, ich möchte wissen, was Du so tust und wie weit meine Sachen sind. Sag mir etwas über den Abbé Dumolard und teile ihm meinen Brief mit.

Ich weiß nicht, wo sich meine Schwester aufhält. Seit meiner Ankunft hier habe ich keinen einzigen Brief erhalten. Nicht als ob es mir langweilig wäre, nein; aber ich wäre froh, es zu wissen, damit ich sie trösten kann.

Solltest Du Gelegenheit haben, einen Knaben von Majeuil mit Namen Severin Ravet zu treffen, versuche, ihn zu Dir zu nehmen. Sag ihm, daß ich für ihn einen Platz gefunden habe, um ein Maristenbruder zu werden. Auf meine Bitte hin wird er gern aufgenommen; man bringt dafür sogar große Opfer, denn anstatt 600 Francs verlangt man von ihm nur 25 Francs, welche zum Ankauf von Schreibmaterial und Büchern dienen. Ich weiß, daß sie diese bescheidene Summe in große Geldverlegeneheit bringen wird. Frage ihn, ob er dieses Geld auftreiben kann, wenn nicht, werde ich die Sache in die Hand nehmen; aber er kann erst um Allerheiligen eintreten.

Schreib mir, ich lechze nach Deinen Nachrichten.

Ganz Dein

J. Eymard.

An Herrn

Baret, Pfarrer von La Motte-d'Aveillans,

über La Mure (Isère).


An Marianne

Nr.0008

Lyon, 6. September 1839.

Meine lieben Schwestern!

Nach meiner Rückkehr von unseren Exerzitien in Belley schreibe ich Euch, um Euch mitzuteilen, daß Ihr noch einen Bruder auf Erden habt, der gewiß nicht so undankbar sein wird, Euch zu vergessen. Im Gegenteil, seine Liebe zu Euch wird inniger sein, weil er seine Kraft aus der Liebe Gottes schöpft. Ich bin am Höhepunkt der Erfüllung meiner Wünsche und ich kann nicht genug der hl. Jungfrau danken, daß sie mich in eine Gesellschaft gerufen hat, die ihren Namen trägt und ihre Tugenden nachahmt. Um bis hierher zu gelangen, habe ich gewiß alle Eure Sorge mitgefühlt. Mein Opfer erschien mir bedeutungslos im Vergleich zu Euerem. Aber Jesus Christus hat mich gerufen: konnte ich ihm den Gehorsam verweigern? Er hat mich zu meinem besseren Wohl berufen: konnte ich seine Gnade mißachten? Somit beschwöre ich Euch, Unseren Herrn zu lieben, ihn nicht durch unnütze Tränen zu betrüben, und Kraft zu holen, um sich über die Natur zu erheben. Und wie ich Euch so oft gesagt habe, setzt Euer ganzes Vertrauen auf Gott, und Gott wird Euch ein Vater sein.

Ein Wort über mich: es geht mir gut und ich bin zuversichtglich, daß es mit meiner Gesundheit aufwärts geht: wenn die Seele zufrieden ist, so spürt das häufig auch der Leib.

Nun ein Wort zu meinen Habseligkeiten. Manchmal habe ich mich gefragt: was werde ich tun, wenn man mir nichts schicken wird? Das, was die Armen tun. Sicher ist mein Vertrauen auf Gott zu groß, als daß ich verzweifeln würde; und sollte man mir tatsächlich nichts schicken, so glaube ich, daß es mich vor Gott sogar freuen würde, anstatt darüber zu trauern.

Aber all diese Gedanken sind nutzlos. Versucht, mir meine Wäsche und die wenigen Kleider, die ich noch habe, herzusenden, mit Ausnahme der zwei abgetragenen Talare. Macht damit, was Ihr wollt.

Ich hatte einige Andachtsbücher für Euch auf meinen Schreibtisch gelegt: Ihr könnt sie behalten; und selbst wenn Euch einige gefallen sollten, könnt Ihr dieselben mitnehmen, aber nur für Euch und nicht zum Weiterschenken.

Ich hatte einige alte Bücher in die Truhe gestellt, wo sich Blumen befanden: laßt diese dort, oder wenn sie Hochwürden Bard möchte, gebt sie ihm, gleichfalls die zwei dicken Bände mit dem Titel: W ö r t e r b u c h d e s K i r c h e n r e c h t s.

Vergeßt nicht meine zwei Liederbücher und mein neues Barett.

Behaltet die Strümpfe aus feiner Seide, die Ihr mir geben wolltet: sie sind zu schön und zu dünn.

Man sollte mir auch einige Handtücher und Bettlinnen senden; keine von denen, die so groß sind, sondern einige von dieser und ein paar von der anderen Sorte, fünf bis sechs Paare. Ich möchte auch wenigstens eine Decke.

Ich rate Euch, all das für Euch unbrauchbare Zeug zu verkaufen: richtet Euch gut mit Möbeln ein und entledigt Euch des Restes.

Solltet Ihr etwas brauchen, werde ich Euch meine kleine Überweisung von 100 Franken schicken; ich müßte das Geld voraussichtlich im Oktober erhalten.

Adressiert mein Gepäck an Herrn Le Borgne, Speditionsunternehmen, Saint-Louis-Straße in Grenoble. Klebt auf jedes Paket meine Adresse. Hier meine Anschrift: An Herrn E...., Marist, Montée Saint-Barthélémy Nr.4, Lyon.

Schreibt mir dann baldigst Eure Nachrichten.

In Unserem Herrn verbleibe ich

Euer ergebenster Bruder

J. Eymard, P.

P. S. - Sendet mir weder Bilder, noch Stock oder Teppiche, wohl aber meine Spritze.

An Fräulein Marianne Julian-Eymard,

du Breuil-Straße in La Mure (Isère).


An Marianne

Nr.0009

V. M.

Lyon, 16. Oktober 1839.

Meine lieben Schwestern!

Habe Euern Brief erhalten. Ich war über Eure Reise nach Saint-Marcellin sehr besorgt, aber ein Schreiben, das ich von Fräulein Melanie erhalten habe, beruhigte mich mit der Nachricht, daß Ihr von Chatte einigermaßen gut abgereist seid.

Es wurde mir mitgeteilt, daß Ihr gut aufgenommen worden seid; ich habe Gott dafür gedankt; man sagte mir auch, daß Ihr bei Unser Lb. Frau von Ozier gewesen seid. Gut so! Ich hoffe, daß Euch die hl. Jungfrau, der ich Euch übergeben habe, mit Gnaden beschenken wird, vor allem mit jener Gnade, nur das zu wollen, was Gott will, denn darin besteht die ganze Vollkommenheit.

Nun will ich Euch meinen Gesundheitszustand erzählen. Ich kann Euch versichern, daß ich nie krank war; im Gegenteil, ich habe guten Appetit. Das Klima von Lyon bin ich nun gewöhnt; es ist übrigens viel wärmer als jenes von La Mure. Zudem tut mir auch dieses etwas arbeitsame Leben, das ich führe, sehr wohl. Und wie man so oft sagt, es gibt nichts, was einem volle Zufriedenheit bieten könnte, so kann ich Euch versichern, daß ich sehr zufrieden bin, mich hier in vollkommenerer Weise zu heiligen. Wenn Ihr mich liebt, so laßt mich unter der Stimme des Gehorsams weiterleben: das ist mein Lebensstand; um diesen aufzugeben, müßte man mir ein Bier vorsetzen oder ich müßte auf der Welt keine Zufriedenheit mehr finden.

Ich habe Monteynard in den Händen Gottes zurückgelassen; macht es wie ich und grämt Euch nicht: der lb. Gott will es nicht.

Ich kann Euch bestätigen, daß ich mir hinsichtlich all dieses Bedauerns, welches der Religion schadet und sie aufgeben läßt, große Schuldgefühle mache, daß ich nur auf beweglichem Sand (Flugsand?) gebaut habe. Es hatte den Anschein, daß man mich dort mehr als den lb. Gott geliebt hat: dann war es wirklich Zeit, daß ich weggezogen bin.

Seid also versichert, daß Euch niemand so liebt wie ich. Die Welt kann mich undankbar nennen, aber der lb. Gott beurteilt das sicher anders. Ich freue mich immer sehr auf Eure Nachrichten und ich werde ebenso darauf antworten.

Euer Bruder

J. Eymard.

Schickt mir bitte mit der Post meinen Mantel, denn ich werde ihn brauchen. Vergeßt nicht meine Lederjacke.

An Fräulein Julian-Eymard, du Breuil-Straße

in La Mure, (Isère).


An Hochw. Dumolard

Nr.0010

V.J. (vivat Jesus!=es lebe Jesus, A.d.Ü.)

Lyon, 16. Oktober 1839.

(Druckfehler: muß 18. Okt. heißen.)

Mein lieber Freund!

Es ist wohl Zeit, Ihnen zu schreiben! Schon seit so langem wollte ich es tun, aber ich wagte es nicht aus Furcht, daß mein Brief unterschlagen würde. Ich wußte von den kursierenden Gerüchten und von der Wachsamkeit, mit der Sie verfolgt werden. Wie dem auch sei, Gott behüte Sie.

So sind es nun zwei Monate, seitdem ich hier bin. Es kommt mir vor, als wären es zwei Tage. Ich war zufrieden beim Eintritt, ich war auf meinem Platz, der Wille Gottes war erfüllt. Acht Tage nach meinem Eintritt hatte ich das Glück, mit der Gemeinschaft meine Exerzitien zu machen. Ich kann Ihnen diese Exerzitien, die Brüderlichkeit, welche dort herrscht, und die heilige Freude, welche alle Versammlungen beseelt, sowie die ständige Erbauung durch die Älteren gar nicht schildern. Wie man sich in dieser Gesellschaft Mariens doch gern hat!

Durch diese Exerzitien kam ich in den Vorteil, einen guten Teil der Maristen kennenzulernen; und seitdem ist ein Marist in der Diözese von Belley gestorben; er ist glücklich und umgeben von seinen Brüdern gestorben. Bei dieser Gelegenheit habe ich mich an das erinnert, was Sie mir mehrmals gesagt haben. Man muß sich auf den Tod vorbereiten!

Wie Sie sage ich es auch mir alle Tage. Es ist wahr: wenn man mitten in einer Gemeinschaft stirbt, erwartet man sich nicht unnütz beweint zu werden wie in einer Pfarrei; dafür aber empfängt man Tröstungen, Ermutigungen und Hilfen, die man in der Welt umsonst suchen würde.

Ich habe von den Hindernissen gehört, die man dem Abbé B. (in der Anmerkung steht: Baret, A.d.Ü.) in den Weg gelegt hat und von den schönen Farben, mit denen man sein Bild gezeichnet hat: wahrhafter Eifer; treu auf seinem Posten bleiben; das Gute dort tun, wo man sich befindet; ein sicheres Gut einem unsicheren den Vorzug geben und dann den Bischof handeln lassen. So erreicht man soviel, daß machmal der Betreffende sich überzeugt, daß dies der Wille Gottes sei.

Sobald ich dies alles gehört hatte, konnte ich es mir nicht verbieten, dem Herrn sehr aufrichtig zu danken, daß er mich von all diesen Fallen befreit hat; und ich sagte: Ach, vielleicht bin ich unter drei der einzige Erwählte; ich habe einen solchen Vorzug nicht verdient.

Man schreibt mir Vorwürfe und versucht, mich aus dem Ort meiner Ruhe herauszuziehen; aber Gott hat begonnen, und Maria wird mir die Ausdauer - und wenn es notwendig ist, um alle Lauheit loszuwerden - die apostolische Gnade Ozeaniens gewähren.

In diesem Zeitpunkt nimmt die Zahl der Novizen zu; wir werden den Vorteil haben, durch das Beispiel mehrerer Herren erbaut zu werden, die große Opfer gebracht haben, um hierher zu kommen.

Seit unserer Reise im vergangenen Jahr hat man so manches erneuert; wir haben jetzt das ganze Haus zur Verfügung und besitzen zwei Kapellen im Haus, um nicht zu sagen drei.

Ich war sehr überrascht, aus Briefen zu vernehmen, daß ich krank gewesen wäre: ich wußte es noch nicht! Nein, mein lb. Freund, in einem Pfarrhof hat man nie jene zeitlichen Vorteile, die man in einer Gemeinschaft vorfindet.

Ich will hoffen, daß Sie mir gleich Ihre Nachricht geben, denn ich sehne mich sehr danach.

Ich habe vernommen, daß Ihr ehrwürdiger Onkel verstorben ist. Was für ein schönes Leben!

Ich bin und werde immer bleiben

Ihr Freund

J. Eymard.

An Herrn Dumolard,

Rektor von Villard-Saint-Christophe,

über La Mure (Isère).


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