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Nr.1041

An Frl. Zenaide Blanc v. St. Bonnet

Paris, 17. Juli 1861.

Gnädiges Fräulein!

Ich wartete auf Ihren Brief, um Ihnen zu schreiben und einen genaueren Ausgangspunkt zu haben.

Gleich zu Beginn sei Ihnen gesagt: haben Sie keine Angst in Ihren Briefen zu weitläufig zu sein, dies wäre ein weiteres Zeichen von etwas Trägheit; sodann schreiben Sie, wie Ihnen gerade die Gedanken kommen - die Natur und die Gnade erfaßt man im Vorübergang und nicht durch Beobachtung.

Sie lieben Gott, das ist gewiß; - Sie unterwerfen sich dem Willen Gottes, das ist der richtige Weg, der königliche Weg. - Gott hat Ihr Herz bewahrt, dies ist die größte Gnade Ihres Lebens. Jetzt wollen Sie ihm g a n z gehören - nun gut, wir werden Ihnen bei diesem edlen Unterfangen behilflich sein.

Es scheint mir, in Ihnen eine Liebe und ein Bedürfnis nach Freiheit festzustellen; und infolgedessen ist die Versuchung und der Fehler von Unabhängigkeit, selbst in geistlicher Hinsicht, zu fürchten; daraus wieder ergibt sich die Angst vor der Gnade, vor den Unvollkommenheiten der Tugend, vor den kleinen Opfern und ebenso hinsichtlich der Pflichten und der Schicklichkeit - das Verlangen, daran zu arbeiten, um es rasch zu erledigen und danach frei zu sein. Ich sage, daß dies zu einer natürlichen Versuchung werden kann, Sie dürfen sich dadurch aber nicht beunruhigen.

Der große Grundsatz, dem Sie in Ihrem ganzen Leben folgen müssen, gnädiges Fräulein, muß darin liegen, daß Sie bereiten Herzens den erkannten hl. Willen Gottes erfüllen; Sie erkennen diesen sei es durch die Pflicht, sei es durch die Umstände, aber auch durch das innere Licht seiner Gnade; und was Ihre Zukunft anlangt, sollen sie sich bereithalten, von Herzen alles zu tun, was der hl. Wille Gottes zur gegebenen Zeit von Ihnen verlangt.

Darin liegt das beste Lebenszentrum, das Sie haben können - dieses dürfen Sie nie verlassen! Ihre Liebe zur Freiheit wird darin ihr Leben finden, und Ihre Liebe zu Gott ihre Richtschnur und ihre Vollkommenheit.

Sie müssen auch pflichtbewußt sein, d.h. bedacht sein, getreu Ihre gewöhnlichen Frömmigkeitsübungen zu erfüllen.

Geben Sie mir bitte in Ihrem nächsten Brief Ihre gewöhnlichen Frömmigkeitsübungen an; man muß sich nämlich vor allem eine geistliche Tagesordnung festlegen und daran festhalten, als wäre sie die Bedingung Ihrer Gesundheit.

Sodann soll man diese Übungen aus Liebe zur Pflicht, ohne irgendeine andere Hoffnung auf eine Genugtuung ausführen, weil dieser Beweggrund stets von gleicher Wirkkraft bleibt. Unterhalten Sie in Ihrem Herzen die hl. Freude zum Vertrauen auf Gott - Sie haben dies nötig - und ich meine, dies ist ein wenig Ihre Veranlagung.

Wir werden innig für Ihre Patientin beten, damit Sie entlastet werden.

Schwester Benedikte und Fr. Michael schicken Ihnen aufrichtige und ergebene Grüße, und ich auch.

Ich bleibe also im Herrn verbunden Ihr erbenster

Eymard Sup.


Nr.1042

An Frl. Adèle Julhien

Paris, 18. Juli 1861.

Gnädiges Fräulein und teure Schwester im Herrn!

Endlich sende ich Ihnen die Bestätigung Ihres Wunders; ich hätte es schon früher verfertigt, aber ich wußte nicht, wo ich Ihren Arzt finden konnte; zudem war ich besorgt, weil er mich nicht kannte.

Sie gehen also auf den heiligen Berg! Möge Sie der Herr dorthinführen und Sie dort mit seinem reichen Segen der Liebe überfluten! Sie gehören ihm, er gehört Ihnen. Das hl. Kreuz vereinigt Sie beide; dies ist das Band Ihres Bundes. Gott sei darin verherrlicht und Sie gesegnet! Tragen Sie es gerne und leben Sie, als hätten Sie kein Kreuz. Die Liebe mag das Kreuz und gibt ihm eine andere Bezeichnung, nämlich die Bezeichnung: G e g e n l i e b e.

Ihr Zustand der Dunkelheit und des reinen Glaubens ist für Sie von allen der beste, da es Gott ist, der ihn für Sie in seiner Liebe ausgesucht hat. Dieser Zustand löst die Seele von jeglicher irdischen Bindung, von dem menschlichen Gefühl, von aller Eigenliebe, um sie ganz in die Abhängigkeit seiner Gnade und seiner Liebe zu versetzen. Der Friede und die Ruhe, welche Sie empfinden, gnädiges Fräulein, sind ein sicherer Beweis von der Güte Ihres Standes und von der Zufriedenheit Gottes mit Ihnen. Gehen Sie also so weiter, solange es der göttlichen Güte gefällt, Sie auf diesem Weg zu lassen; der Wille Gottes ist der königliche Weg der Liebe.

Halten Sie Ihre Seele in beständiger Danksagung; dies ist die Unserem Herrn wohlgefälligste und dem Herzen angenehmste Übung. -

Üben Sie Danksagung, alles kann ein Gotteslob sein. Wenn Sie aber die vielgeliebte Tochter des Herzens Unseres Herrn sein wollen, befolgen Sie, was ich Ihnen nun sage:

Gehen Sie zu seinem Herzen durch die r e i n e L i e b e. Die reine Liebe ist die Flamme, die aus seinem Herd drängt und aufsteigt, aber nicht mehr dorthin zurückkehrt, sondern ihrem Ziel zustrebt.

Die reine Liebe, das ist der Engel, der Gott liebt und nicht auf sich achtet, oder um Gott das zurückzugeben, was er von ihm empfangen hat.

Lassen Sie sich von diesem guten Meister wenden und drehen nach seinem Gefallen, und seien Sie zufrieden, daß er zufrieden ist. Sie gehören sich schon seit langem nicht mehr sich selbst; also muß der lb. Gott bei Ihnen der Meister sein und tun dürfen, was er will.

Bedenken Sie, daß eine Seele nie im selben Zustand verharrt, Gott versetzt sie stets in eine neue Lage, damit sie in seiner Liebe ständig neu sei; somit schauen Sie auf Gott in Ihnen und folgen Sie ihm.

Adieu, gutes Fräulein Julhien; ich hoffe, daß Sie mir im Himmel nicht böse sein werden; und falls Sie nach Paris kommen sollten, werden Sie mich aufsuchen.

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard

S.S.


Nr.1043

An die Familie Rosemberg

Paris, 20. Juli 1861.

Teure Freunde!

Ich wollte Ihnen über die Freunde von Tours schreiben; es ist mir nicht geglückt. Danke für Ihren Brief, ich wußte bereits alles. Wir müssen für diese arme Mutter (Anspielung auf Frau Laon aus Tours, A.d.H.) beten und sie bedauern; würde man sie nach ihren Worten beurteilen, müßte man sie sehr streng beurteilen; aber, ach, sie redet wie eine Frau in der Welt, wie eine gereizte Mutter, die Maßnahmen ergreift, die sie später einmal vielleicht bereuen wird.

Ich habe ihr ihre Pflichten erklärt und die Gewissensrechte ihrer Tochter. Es bleibt jetzt nur mehr das Gebet. Ich habe Sie ganz herausgehalten, wie es sich gehört: dies also ist die armselige menschliche Natur!

Nun gut, lieber Vater Rosemberg! Bald naht der Monat August. Ihre Zelle und unsere Herzen erwarten Sie; Sie wissen ja, daß Sie hier daheim sind.

Meine herzlichen Grüße an Ihre ganze Familie.

Gott segne Sie alle!

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard SSS

Meine besten Grüße an den lb. Herrn Dupont und an die gute Mutter Marceau.


Nr.1044

An Frl. Danion

Paris, 20. Juli 1861.

Teuerste Schwester im Herrn!

Ich habe die Meßstipendien von Ihnen und Ihrem hervorragenden Pater erhalten; danken Sie ihm bitte an meiner Stelle. Sie werden nach Ihren Wünschen gelesen und wurden gleich in Angriff genommen. Ich behalte mir stets jene vom Dienstag vor und feiere sie immer mit Freude.

Ich habe Ihre Freundin getroffen; sie erweckte mir den Eindruck, eng mit dem Herrn zu leben und am Werk der Danksagung zu arbeiten. Sie ist eine Freundin, die Ihnen sehr zugetan ist: es möge Gott gefallen, daß Unser Herr Tausende solcher Seelen zählte! Ich erhielt einen ausgezeichneten Brief von der Frau Oberin der Ursulinen von Quimper durch Ihre Vermittlung. Ich danke Ihnen dafür. Ich nehme mir vor, ihr zu schreiben.

Ich habe eben in Saint-Sulpice die feierliche Herz-Jesu-Novene gepredigt. Sie können sich denken, daß ich besonders vom eucharistischen Herzen Unseres Herrn gesprochen habe; nur im Hlst. Sakrament ist dies Herz hienieden zugegen - da und im Himmel!

Ich habe von seiner Liebe gesprochen, von der Undankbarkeit der Menschen, von den wenigen treuen und einsatzwilligen Seelen, die sich gänzlich für ihn ausgeben.

Sehen Sie, gute Tochter, es geht im geistlichen geradeso wie im wirtschaftlichen Leben: man veranschlagt seine Ausgaben im voraus und will nicht hinausgehen über das, was man festgesetzt hat. Das sind die schlimmsten Diener, die es so machen.

Schreiben Sie in meinem Namen an Frau Lepage nach Rennes; sie ist eine edle Seele. Lernen Sie einander kennen und schließen Sie Freundschaft im Herrn.

Adieu! Meine herzlichsten Grüße an Herrn Levoyer.

Ganz im Herrn verbleibe ich

Ihr ergebenster

Eymard, Sup. S.S.


Nr.1045

Zweites Zeugnis über die Heilung von Fräulein Adele J u l h i e n (erfolgt am 25. Oktober 1856).

24. Juli 1861

Der Unterfertigte, Oberer der Priester vom Hlst. Sakrament in Paris, bezeugt zur Ehre Unserer Lieben Frau von La Salette die tatsächlich erfolgte Heilung von Fräulein Adele Julhien von Marseille. Diese Dame war bereits seit sehr langem krank; sie reiste nach Paris, um gegen ihr so heftiges Leiden bei den Ärzten Linderung zu suchen. Aber selbst die hervorragendsten Kapazitäten auf dem Gebiet der Medizin in der Hauptstadt konnten nicht helfen; die Heilmittel blieben wirkungslos; das Übel verschlimmerte sich sogar und erreichte einen derartigen Höhepunkt, daß die Ärzte nunmehr erklärten, jegliches Mittel wäre umsonst. Dies war das letzte Wort über Leben und Tod. Das Fräulein nahm dieses Urteil an wie eine Braut Jesu, die sich mit jenem vereinigen will, dem sie alles vorgezogen hat. So bat Adele um die Sterbesakramente, Hochwürden Lance spendete sie ihr; sie war ruhig und gesammelt, während die Anwesenden weinten. Man glaubte, ihr Leben wäre nunmehr am Ende, und der Arzt meinte, sie würde jeden Augenblick in eine Krise fallen.

In diesem Moment kam ich herbei; aus Angst, Hochwürden Lance würde nicht mehr rechtzeitig eintreffen, hatte man mich gerufen. Jetzt sagte ich der Kranken, daß der Himmel ohne Zweifel sehr schön und wünschenswert wäre, daß sie aber noch zur Ehre Gottes arbeiten müsse; sie solle zusammen mit uns zu Unserer Lieben Frau von La Salette eine Novene beginnen, um eine vollständige Heilung zu erlangen; sie solle auch eine Wallfahrt nach La Salette versprechen. Die Kranke versprach dies; wir vereinbarten, welche Gebete wir verrichten wollten. Ich reichte ihr etwas Wasser von der Wunderquelle.

Es muß hier bemerkt werden, daß Fräulein Adele anfänglich zu La Salette gar kein Vertrauen hegte; erst am dritten Tag zeigte sie Zuversicht. Jetzt war sie voller Hoffnung und erzählte allen, die an ihr Bett traten, daß sie am Ende der Novene gesunden werde. Der neunte Tag sollte tatsächlich der Kranken und ihren Freundinnen zum Segen werden.

Es wurde ihr ein zweitesmal die hl. Kommunion gereicht; und jeder Anwesende sagte sich ganz leise: "Armes Mädchen, dies wird deine letzte Kommunion sein'. Es ging mit ihr berab; das heiße und anhaltende Fieber schwächte die Kranke immer mehr; dann aber, welche Gnade! Welche Freude im Haus! Fräulein Adele ist geheilt!

Sie hielt ihre Danksagung. Das Fieber war gewichen, der Schmerz war weg, es war wie eine Auferstehung. In dieser Phase suche ich die Kranke wieder auf. Sie war aufgestanden, fühlte sich schmerzfrei und war guter Dinge. Sie redete immerfort über die Güte Unserer Lb. Frau von La Salette; sie war tatsächlich geheilt und reiste kurz danach nach Marseille zurück. Die Heilung hielt an, und das Fräulein wird zeitlebens dafür dankbar sein. Maria ist ja so gut!

Paris, 24. Juli 1861.

Eymard, Sup. der Gesellschaft vom Hlst. Sakrament".


Nr.1046

An de Cuers

Paris, 26. Juli 1861.

Lieber Pater!

Ich möchte Sie kurz grüßen und Ihnen berichten, daß hier alles in Ordnung ist; wir haben stets einen Tagesablauf nach der eucharistischen Uhr, erfüllen dieselbe Pflicht und empfinden stets dabei dasselbe Glück.

In der Welt ist jetzt die Zeit der Ferien; somit sehen wir niemanden, auch meldet sich kein Beruf. Alles läuft und will rennen; nur die Leibgarde bleibt auf ihrem Posten.

Ich arbeite am Handbuch, soviel ich kann; ich werde dabei oft gestört und so anderweitig in Anspruch genommen, daß ich nur langsam vorankomme; und öfter habe ich auch einen leeren Kopf.

Die Stempel, die ich Ihnen gesandt habe, können mit Wachs verwendet werden; auch diejenigen mit der Aussetzung können als Trockensiegel verwendet werden; tun Sie jedoch, wie Sie meinen.

Bitte geben Sie diesen Brief an P. Locudent weiter. Alle umarmen Sie in Liebe. - Lyon schweigt.

Leben Sie wohl, guter Pater!

Ganz Ihr

Eymard S.S.S.

P.S.- Die Angelegenheit Marziou zeigt noch kein Ergebnis, man setzt aber die größten Hoffnungen darauf. Der Gasmotor steht dort als Objekt der Bewunderung; es heißt, daß Ihnen Ihr Geld eines Tages viel einbringen wird; das ist alles, was ich noch sagen wollte.

An hochw. P. de Cuers

Oberer der Religiosen vom Hlst. Sakrament

Nau-Straße 7

Marseille


Nr.1047

An Frau Jordan

Paris, 4. August 1861.

Gnädige Frau und teure Schwester im Herrn!

Sie glauben sicher, ich sei krank oder gestorben; krank bin ich ein wenig. Ich habe mich durch Predigten, denen meine Schwäche nicht gewachsen war, überanstrengt; und in diesem Zustand hatte ich weder Kraft noch Lust zum Schreiben; ich tat nichts anderes als husten; bezüglich des Hustens hat sich mein Zustand etwas gebessert; im übrigen geht alles seinen gewohnten Gang, d.h. ich lebe wie die anderen.

Je mehr ich laufe, umso mehr nimmt mich Paris in Anspruch und raubt mir alles, was ich habe; Sie wissen, was diese Stadt Paris bedeutet!

Zu Ihnen! - Sie waren in U. Lb. Frau von La Salette! Welch schöne, heilige Reise! Die Seele nähert sich dem Himmel und es scheint ihr, als sei sie dort ein wenig mit der himmlischen Mutter beisammen.

Sicherlich haben Sie sich dort mit beiden Wassern eingedeckt: mit dem wunderbaren Wasser, das dort fließt, und dem lebendigen Wasser der Gottesliebe; wiesehr bedürfen Sie desselben! Allein, so allein, wie Sie sind! Sie sind geradezu gezwungen, sich Gott g a n z u n d g a r zu schenken, sonst müssen Sie sich ja traurig und verlassen fühlen.

Das ist eine Gnade, wenn man nichts anderes kann, als in Gott allein sein Glück zu finden.

Ja, ja , seien Sie stets zu jenem hilfsbereit, den Ihnen Gott geschenkt hat, um ihn in den Himmel zu führen; das ist Ihre Sendung und Ihr Tugendkreuz.

Sparen Sie sich Zeit für Gott, zur Betrachtung seiner Güte. Sie brauchen dies jetzt mehr als je zuvor, um sich ihm noch stärker anzuschließen.

Erlauben Sie sich nicht mehr jene kleinen Anhänglichkeiten an die Welt, die vergeht; an die Geschöpfe, die vorüberhuschen; lassen Sie alldas, und ich segne Sie dafür.

Ich werde gerufen.

Leben Sie wohl!

Ihr ergebenster

Eymard, Sup.


Nr.1048

An Frau Chanuet (Sr. Kamilla)

Paris, 16. August 1861.

Gute Mutter!

Ich sende Fr. Michael zu Ihnen; Sie werden sein Superior und seine Mutter sein, und er wird Ihnen brav gehorchen; ja, ja, er wird den Segen seines Standes und der ganzen Gesellschaft mitbringen, denn durch ihn sind Sie auch unsere Mutter geworden, weil er unser Bruder ist! Er ist ganz glücklich! Und wie könnte man es zu Füßen des Thrones Gottes aller Liebe nicht sein? Er hat viel zurückgelassen und alles wiedergefunden: ganz Jesus Christus und all die Seinen in der Hostie. Der gute Frater Michael! Sie haben ihn alle gern, darüber freue ich mich! Und was tun Sie, gute Mutter? Ihr erster Brief erzählte mir von Ihren natürlichen Kämpfen; der zweite berichtete mir Ihre Kämpfe um die Tugend. Auf den ersten Brief antwortete ich nicht, weil Sie darauf hundertmal geantwortet haben. Diese irdische Welt ist ein Geheimnis; sie bringt mich auf die Idee des Respektes Gottes vor der menschlischen Freiheit, selbst vor den Bösen. Und sie erinnert mich auch an die Worte Abrahams an den bösen, reichen Mann: "Mein Sohn, du hast die Güter der Welt empfangen und genossen! Lazarus hat nur Übles durchgemacht!"

Oh, es lebe das Leid des Lazarus! Das Kreuz Jesu! Dieses Kreuz, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit!

Der zweite Kampf ist besser; ich mag die Traurigkeit, sie ist eine Gnade; sie hat Sie gerettet, gute Mutter. Was vor Gott ganz besonders schuldig macht, ist der a u s s c h l i e ß l i c h e G e n u ß der Güter und Vergnügen dieser Welt. Sie haben sich nur an Gott gefreut, Sie freuen sich und werden sich nur auf ihn freuen. Gute Mutter, lassen Sie sich nicht allzusehr von der Armseligkeit und der Traurigkeit dieses Lebens erdrücken.

Überlassen Sie etwas mehr das Geheimnis und das Heilmittel dagegen Gott; diese Traurigkeit sollte zur Sammlung führen. Folglich etwas mehr zu Füßen des guten Meisters! O ja, ich möchte Sie gern etwas länger in Paris sehen! Und wenn ich im Herbst nach Marseille fahre, werde ich versuchen, Sie auf der Durchreise anzutreffen und zu grüßen, denn Ihr Haus ist ein süßes Bethanien.

Leben Sie wohl, gute Mutter, beten Sie für mich, für alle.

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard, S.


Nr.1049

An Herrn Amadeus Chanuet

Paris, 16. August 1861.

Lieber Herr Amadeus!

Frater Michael kommt glücklich zu Ihnen; ich freue mich über das Glück, das er Ihnen vermitteln wird, und über den Segen, den er in Ihr Haus und in Ihre Familie bringen wird.

Ich wäre glücklich gewesen mitzukommen, Ihre lb. Besuche zu erwidern, sowie Ihre so gute und ausgezeichnete Frau zu begrüßen, aber es ist im Moment unmöglich. Wenn ich einen oder zwei Tage auf der Rückreise von Marseille stehlen könnte, würde ich Sie besuchen.

Wie würde ich mich freuen, diesen kleinen A m a d e u s C h a n u e t zu segnen, der vom Himmel kommt, um seinen Onkel zu ersetzen!

Leben Sie wohl, guter und teurer Herr Amadeus, meine herzlichen Grüße an Frau Blanche! Sie soll Mut und Zuversicht haben.

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard Sup.


Nr.1050

An die ehrw. Mutter Rosa vom Herzen Jesu

Paris, 22. August 1861.

Ehrwürdige Mutter!

Vor einigen Tagen habe ich von Seiner Eminenz bezüglich Ihrer Gemeinschaft die Antwort erhalten; es ist eine Prüfung, eine schwere Prüfung! Man will weder eine Profeß noch eine Einkleidung bewilligen, das heißt: man will Sie nicht approbieren.

Herr Le Rebours, welcher von Seiner Eminenz beauftragt wurde, mir diese traurige Nachricht mitzuteilen, hat noch hinzugefügt, daß Se. Eminenz Ihnen nicht sofort das Tragen des Ordenskleides untersagen will, sondern Ihnen etwas Zeit läßt, damit Sie Ihre Maßnahmen treffen können, wenn Sie in irgendeine Gemeinschaft eintreten oder sich mit ihr verschmelzen wollen; aber die Angelegenheit sei mit Dekret festgelegt worden, man würde daran nichts mehr ändern; die Dominikanerinnen von Nancy würden für den Drittorden des hl. Dominikus genügen.

Dies, ehrwürdige Mutter, ist die traurige Nachricht, die ich seit einigen Tagen mit mir herumtrage und die mich vor Gott stöhnen läßt, wenn ich an den Schmerz denke, welcher dadurch Ihnen und ebenso Ihren lb. und guten Töchtern zugefügt wird. Was will Unser Herr? Wir müssen Augen und Herz emporheben zu dem, der uns erwählt und begleitet hat, und ihn fragen, was zu tun bleibt und ob man anderswo die Segel ausspannen soll. - Oft ist das, was man für ein Unglück hält, in Wirklichkeit ein Glück und eine Gnade des Lebens. O ja, Gott kennt mein ganzes Interesse, das ich für Sie habe und das Sie so verdienen. - So bitte ich ihn auch unter Tränen für Sie und alle Ihre Töchter.

Allzeit im Herrn verbleibe ich, arme Mutter,

Ihr ergebenster

Eymard

Sup.


Nr.1051

An de Cuers

Paris, 22. August 1861.

Lieber Pater!

Ich habe gewartet, bis ich alle Ihre Bestellungen erledigt hatte und einen ruhigen Augenblick fand, um Ihnen zu schreiben.

  1. Bischof Cruice, den ich erst gestern treffen konnte, wird am Montag, den 2., Ihrer Kapelle seinen Besuch abstatten. Der Bischof konnte die genaue Zeit nicht festlegen, weil er an diesem Tag alle seine großen Besuche zu erledigen hat; Sie müssen sich mit seinem Generalvikar oder auf sonst einem Weg ins Einvernehmen setzen, um seine Reiserute zu erfahren. Der Bischof hat keine Ansprache versprochen, ich kann seine Verlegenheit verstehen.
  2. Ich habe Herrn Gondon getroffen und ihm das dringend benötigte Geld übergeben; ich war erfreut und erbaut über sein Verhalten in der Kirche, wohin er sich aus eigenem Antrieb begab; er hatte große Schwierigkeiten und versprach mir wieder zu kommen. Ich werde die Wunde zu sondieren versuchen, falls eine solche vorliegt; ich wünsche mir, daß es keine gibt.
  3. Ihr hübsches Meßweinkännchen ist in Ordnung gebracht worden; die Arbeit hat 8 Fr. gekostet. Es mußte ein eigenes Kristallglas angefertigt werden und alle Einfassungen mußten abgenommen werden.
  4. Ihr Geld, das ich erhalten habe, wurde gleich seiner Bestimmung übergeben; weil aber das Wachs wie bisher bestellt wurde, so weiß ich nicht, ob noch die Größen geändert werden können.
  5. Sicher wäre es eine große Freude für mich, Sie zu besuchen, aber in diesem Augenblick kann ich es nicht. Hochw. Herr Dhé verläßt uns morgen; somit bleiben wir zwei Priester; ich nütze jeden freien Augenblick, um damit Schluß zu machen (pour en finir?).

Ich werde bald an P. Leroyer schreiben; die Post geht ab; es fehlt mir die Zeit, danken Sie ihm an meiner Stelle.


Nr.1052

An Frau Chanuet

Paris, 24. August 1861.

Ja, gute Mutter, behalten Sie Ihren teuren Sohn bis Mittwoch oder Donnerstag bei sich; es ist wohl richtig, daß Sie sich ein wenig mit ihm freuen. Auch als Priester wird er immer Ihr Sohn bleiben, und im Himmel werden Sie das Recht der Mutter genießen.

Es bleibt mir nur die Zeit, gute Mutter, Sie im Herrn zu grüßen,

Ihr ergebenster

Eymard

Sup.

Ein Gruß an Ihre teure und vielgeliebte Familie.

An Frau Wwe. Chanuet,

in Lantigné, über Beaujeu (Rhône).


Nr.1053

An de Cuers

Paris, 10. September 1861.

Lieber Pater!

Danke für Ihre inhaltsschweren Briefe, sie haben mir große Freude bereitet. Ich ersehe daraus, daß Sie stets der Freund, der Bruder und Religiose sind und mit einem wesentlichen Punkt einverstanden sind: mit dem Dienst am Hlst. Sakrament; wir werden stets übereinstimmen in der Frage, ob etwas gut oder besser ist.

Ich habe mit großer Freude und innerer Zuneigung die schönen Gedanken von P. Leroyer gelesen; sie sprechen aus dem Herzen der Gesellschaft; aber darüber sowie über die große Frage der Briefe schreibe ich ihnen erst morgen oder übermorgen.

Heute habe ich nur Zeit für zwei Dinge:

  1. Bezüglich Herrn Gondon: ich habe ihn seither 5 bis 6mal getroffen; er machte einen guten und gläubigen Eindruck; ich sah ihn, von sich aus in die Kapelle gehen; er betete mit großer Andacht und Ehrfurcht; er wußte nicht, daß ich ihn sah und in der Kirche beobachtete. Wir haben über praktische Dinge geplaudert; ich halte ihn für einen guten Mann. Aber sein Bruder muß ihm zu Hilfe kommen, denn er befindet sich in der größten Armut und weiß nicht, wovon er täglich leben soll; ich kann ihm kein Geld vorstrecken, weil ich selber keines habe; die 200 Francs wurden zurückgegegeben und waren sofort für die ärgsten Schulden wieder ausgegeben; bitte gewinnen Sie seinen Bruder, ihm zu helfen. Er hofft auf eine baldige Entschädigung durch durch die Regierung, die ihn wieder flott machen wird.
  2. Der zweite Punkt: Ich bitte Sie, selber an P. Hermann zu schreiben. Ich habe die Korrespondenz mit ihm unterbrochen. Sein letzter Brief klang ein wenig nach j ü d i s c h e r Art.

Mit Ihnen ist er der alte Freund. Sie würden mir einen großen Gefallen erweisen, wenn Sie mir wegen dieses Briefes aus der Verlegenheit helfen.

Grüße an alle aus ganzem Herzen.

Ganz Ihr

Eymard, S.S.


Nr.1054

An Frau v. Grandville

Paris, 10. September 1861.

Gnädige Frau und teuerste Schwester im Herrn!

Es wurde mir die Freude zuteil, Ihre lb. gute Schwester zu sehen. Die Freude wäre vollkommen gewesen, hätten auch Sie dabeisein können, denn es ist so lange her, daß ich Sie nicht mehr gesehen habe. Und überdies waren Sie krank, Sie leiden immer noch - seelisch oft mehr als körperlich. Arme Tochter! Das Kreuz Jesu - das ist Ihr Los; aber seine Liebe, sie ist Ihre Kraft. Seien Sie recht groß in der Liebe, damit Sie größer seien als Ihre Kreuze, stärker als selbst der Tod.

Immer wieder fallen Sie in die Angst vor der hl. Kommunion zurück. Gute Tochter, gehen Sie doch ohne Furcht zu Ihrem gütigen Gott, zu Ihrem milden Vater. Bedienen Sie sich gerade Ihrer Armseligkeiten als eines Rechtstitels, um Zutritt zu erhalten zu seinen Füßen wie Magdalena und zu seinem Tisch mit den Armen. Mißachten Sie all diese Ängstlichkeiten zu sündigen: dies ist noch ein Überbleibsel des alten Fiebers, das durch die Kraft des hl. Gehorsams ganz überwunden werden muß. Seien Sie ruhig! Ihre Seele kann mit dem Staub des Weges beschmutzt werden, wie es allen Wanderern ergeht, aber sie hat weder schwere noch tödliche Wunden davongetragen.

Wiesehr wünschte ich auch, Sie im Sturm gelassener zu sehen, bei Widerwärtigkeiten sanfter, schweigsamer zur Zeit innerer Bewegtheit! Wenn aber die Natur schneller läuft als die Gnade, die Empfindlichkeit schneller als das Gewissen, so müssen Sie sich deshalb nicht zu sehr quälen: das ist eben das Bußkleid, das Sie ganz ruhig und ohne gegen sich selbst aufgebracht zu sein, tragen müssen. Die Dornen sind gut, sie halten die verwegenen Hände fern und schützen die Blüten der Rose; nun denn, danken sie Gott manchmal für Ihre äußeren Fehler, die Sie demütigen, und dann gehen Sie in Frieden hin, den Herrn zu empfangen.

Ich habe Ihren letzten Brief noch nicht erhalten, ich möchte aber nicht, daß Sie ihn selber schreiben, weil es zu ermüdend wäre; Sie können ihn durch jemand anderen schreiben lassen.

Ich kann noch nicht sagen, wann ich von Paris abwesend sein werde. Ich muß am Ende dieses Monats oder zu Beginn des kommenden den Benediktinern von La Pierre-qui-Vire Exerzitien halten; ich werde Sie davon im voraus verständigen.

Leben Sie wohl, gute Tochter! Beten Sie für den Ihnen im Herrn ergebensten

Eymard, S.


Nr.1055

An die ehrw. Mutter Rosa vom Herzen Jesu

Paris, 20. September 1861.

Ehrwürdige Mutter!

So sind nun die kirchlichen Exerzitien zu Ende. Ich schlage Ihnen einen Gedanken vor: ich gehe persönlich zum Herrn Kardinal und bitte ihn um ein weiteres Schuljahr für Sie, damit Sie Zeit haben, daß alle irgendwo unterkommen, damit Sie vom Gewinn Ihres Schuleintrittes, der erfolgreich zu werden verspricht, ein wenig profitieren und damit Sie die drängendsten Schulden zahlen können.

Ich hoffe, daß ich dabei etwas erreichen werde, sogar bei Herrn Rebours, der zu ehren- und gewissenhaft ist, als daß er Ihnen nicht diesen Liebesdienst erweisen würde; denn seien Sie vorsichtig: wenn Sie in dieser Situation bleiben, können Sie ständig vom Gesetz belangt werden, und man kann Ihnen von heute auf morgen den Befehl ins Haus schicken, das Ordenskleid abzulegen; wie kann man aber unter dem Druck dieser Ungewißheit in Frieden leben? Wenn wir jedoch eine festgelegte Frist erreichen, werden Sie ruhig sein und im Frieden leben.

Aber ich kann ohne ein Schreiben von Ihnen nicht zum Herrn Kardinal gehen; und aus diesem Brief muß hervorgehen, daß Sie mich ersuchen, den Herrn Kardinal zu bitten, er möge Ihnen noch ein Wartejahr zugestehen; und daß Sie am Ende des nun beginnenden Schuljahres entweder das Ordenskleid ablegen oder die Diözese verlassen; daß Sie ferner nicht darum bitten, nochmals auf die gefällte Entscheidung zurückzukommen, sondern man solle Ihnen huldvoll ein Jahr der Nachsicht gewähren, weil Sie noch nicht in der Lage sind, ohne großen Schaden für Sie und Ihre Gläubiger gleich wegzugehen.

Dies also, ehrwürdige Mutter, ist meine Idee; prüfen Sie sie und fassen Sie einen Entschluß. Ich meine, dies wäre vielleicht der einzige noch gangbare Weg, und auch dafür stehe ich nicht. Ich bete ohne Unterlaß für Sie und Ihre lb. Gemeinschaft.

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard.


Nr.1056

An Frau Blanc v. St. Bonnet, geb. Chanuet

Q.: A-13. Fotokopie und auch eine authentische Abschrift, welche von R.P. Robert Wermeille im Dezember 1958 angefertigt wurde.)

Paris, 21. September 1861

(Poststempel über der Adresse)

...zu kommunizieren. Bezüglich Ihrer inneren Verfassung und Ihrer Liebe zu Gott: diese dürfen Sie nicht zur Richtschnur nehmen, das würde bedeuten, daß Sie I h r eigener Führer sind und Richter über Ihre Kommunionen werden; sie sollen vielmehr mit dem Gefühl der Bedürftigkeit, des Verlangens und des Hungers gehen; dies ist für Sie die beste aller Vorbereitungen, liebe Dame.

Machen Sie Gebrauch von den Erleichterungen, welche Ihre Situation und Ihr Gesundheitszustand verlangen, und zwar ohne sich Sorgen um die Abtötung oder Buße zu machen, dies würde eine Versuchung bedeuten. Sie sollen jene Bußen auf sich nehmen, die der lb. Gott auf Ihren Lebensweg sät, das ist alles; und auch daraus sollen Sie keine Geschichten oder Beschäftigung machen. Sie schulden Gott die ganze Aufmerksamkeit und Kraft Ihrer Liebe. Trennen Sie beide nicht!

Nur Mut! Schlafen Sie auf den Knien der göttlichen Vorsehung, lassen Sie sich führen und nähren durch sie, dann werden Sie immer gut versorgt sein.

Adieu, teure Schwester. Ich lasse Sie in den Armen dieser liebenswürdigen Mutter, die allzeit wacht, liebt und vorbeugt.

Im Herrn ganz Ihr

Eymard.

An Frau Blanc von St.Bonnet

in St.Bonnet über Vaugnery

Rhône.


Nr.1057

An de Cuers

Paris, 21. September 1861.

Lieber Pater!

Nun bin ich ganz für Sie da und hoffe genug Zeit zu finden, um Ihnen ausführlich zu schreiben.

Zu all meinen Beschäftigungen habe ich noch die Arbeit eines Lateinprofessors dazugenommen, weil Herr Dhé nicht mehr zur Verfügung steht; dies raubt mir fast eine Stunde pro Tag; ich tue es mit Freude und warte auf eine bessere Lösung.

P. Champion war ganz glücklich, Ihnen das erste Exemplar von P. Machault über die Eucharistie zu senden. Er hat Ihnen über seinen Wein geschrieben, wir reden darüber noch; er meint, daß er schwer zu behandeln sei; dagegen kann aber gesagt werden, daß schwer nicht unmöglich bedeutet. Er läßt ein schönes römisches Missale drucken. Endlich sind wir in Paris mit Entschiedenheit im Besitz der römischen Liturgie; das waren wir wohl dem Hlst. Sakrament schuldig.

Bezüglich des karthäusischen Postulanten habe ich von der Karthause noch keine Informationen erhalten. Ich will erst dann seinem Erzbischof schreiben, wenn ich berechtigte Hoffnung habe, daß er Berufung zeigt; denn es ist peinlich und etwas demütigend, Erkundungen über eine Person anzufordern, die vorbeigekommen ist; behalten Sie sie noch ein wenig, denn wenn sie als untauglich von der Karthause abgewiesen wurde oder zu schwach im Kopf ist, darf man sie nicht aufnehmen.

Ich bin der Meinung, daß keine Kandidaten aufgenommen werden sollten, die sonstwo wegen Mangels an Berufung abgewiesen worden sind; dies ist immer ein böses Vorzeichen.

Wenn ihm Unser Herr die Berufung gäbe, würde ich ihn hier zum Professor machen. Da dies aber nur eine Anstellung, aber keine Berufung ist, muß man sich vor allem über die erste Frage Sicherheit verschaffen, ob er nämlich gesund ist; wenn er fromm ist, guten Willen hat, das eucharistische Leben liebt und guten Geist zeigt, dann werden wir aus ihm immer etwas für den Dienst am Guten Meister machen können.

Ich möchte Ihnen gerne etwas für den guten P. Leroyer anbieten; aber ich habe nichts und sehe für den Augenblick auch keine Möglichkeit, etwas zu erhalten. Wüßte ich, wo etwas zu holen ist, würde ich es Ihnen mitteilen, aber der Meister muß als Erster die Tür öffnen.

Beim neuerlichen Lesen Ihres Briefes sehe ich, daß das nächtliche Aufstehen der Grund des Austrittes dieses Novizen aus der Karthause war (Sie nennen mir dessen Namen nicht); aber in diesem Fall ist die Frage ja schon sicher entschieden: wir stehen hier in der Nacht auf; Sie werden es tun und alle werden es tun; also kann man nicht weiterüberlegen, bevor man sich nicht vergewissert halt, daß dieser Punkt ausgeführt wird.

Ich freue mich sehr, daß Ihr Bruder wieder zur Beichte gefunden hat. Im eucharistischen Dienst ist es unmöglich, mit einem besudelten Gewissen längere Zeit von Gott ferne zu bleiben.

Denken Sie daran, die Bücher von P. Machault zu erhalten und das zweite Exemplar, welches mit dem anderen verwechselt wurde, zurückzuschicken.

Ich höre mit Genuß, was Sie mir über den einzuschlagenden Weg berichten: das ist richtig; aber Gott hat mir ebenso wie Ihnen gezeigt, daß man die Prüfungen überwinden muß und daß man dabei nicht immer klar sieht.

Ich weiß es und weiß es sogar sehr gut, daß mir viele Eigenschaften fehlen, die ein Oberer haben müßte; daß meine Nachgiebigkeit, wie Sie es liebevoll nennen, vielmehr meine Charakterschwäche und mein Fehler ist; ich stöhne darunter, und wenn es Gott wollte, würde ich auf der Stelle jedes Amt eines Obern für immer ablegen, um die Küche zu besorgen oder eine andere Hausarbeit zu verrichten, und zwar mit Freude; nicht daß ich deshalb mich entmutigen lasse, nein, nein, ich demütige mich darüber vor Gott; ich brauche dies übrigens. Sie müssen nämlich wissen, lieber Pater und alle anderen, daß die Gesellschaft nicht durch meine Fähigkeiten oder Tugenden voranschreitet, sondern durch die alleinige Gnade Gottes und daß ich ein Spielverderber bin.

Die Erfahrung, die ich von Menschen und das aktive Ordensleben haben könnte, ist für das gegenwärtige Leben gänzlich unzureichend: das kontemplative Leben ist wie ein stets vorgehaltener Spiegel, wo einem nichts entgeht und wo die Natur oft auf dem ständigen Kalvarienberg in Brüche geht. O wie oft sage ich zu Unserem Herrn: sende doch einen guten Obern! Ich bin ja nur ein schlechter Baummist, oder ein alter Grundstein, den man verbergen muß.

Liebe Grüße an den guten P. Locudent und die Brüder; mit großer Freude werde ich Sie besuchen, sobald hier der Dienst des Meisters gesichert ist; dies wird dafür das Signal sein.

Sie sollten doch eine Briefwaage anschaffen, Ihr letztes Schreiben verursachte uns eine Aufzahlung von 16 Centimes.

Weil der Obere dringend der Gebete bedarf, hängt man hier nach dem Rosenkranz ein Vaterunser und Gegrüßt-seist-du-Maria für die Anliegen und Empfehlungen des P. Superiors an.

Ich empfehle, bei Ihnen dasselbe zu tun; dies wird wenigstens ein Gebet der Dankbarkeit und auch der Liebe sein.

Adieu, guter Pater!

Ganz Ihr

Eymard.


Nr.1058

An den Architekten Louis Perret

Paris, 29. September 1861.

Lieber Herr Perret!

Ich war gezwungen, auf diese reizende Fahrt in die Sauvages, zu der ich in liebenswürdiger Weise von Ihnen eingeladen wurde, zu verzichten.

Ich mußte heute beim 40stündigen Gebet die Predigten übernehmen und morgen gehe ich nach La Pierre-qui-vire , wo ich den Ordensleuten 8 Tage lang Exerzitien halten werde. Wenn Sie wenigstens dort wären! Ich werde mir dort Ihre schönen Arbeiten ansehen, Ihren hübschen Kreuzweg. Sie haben, lieber Herr, die Aufgabe für die Kreuzwege? Es ist eine schöne Sendung, führt sie doch zum Himmel! Geben Sie aber acht, daß Sie eines Tages nicht selber gekreuzigt werden.

Herr Daus ist noch nicht angekommen, ich denke, er hat sich in Lyon aufgehalten, um Sie zu umarmen und die Freude Ihrer schönen Zeremonie zu erleben.

Hier lechzt jeder nach Ihnen, besonders Ihre gute und fromme Blinde.

Adieu, teurer Herr Perret, und denken Sie an Ihre alten und in Liebe zugeneigten Freunde!

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard

Sup.


Nr.1059

An Frl. v. Revel

Paris, 29. September 1861.

Gnädiges Fräulein und teure Schwester!

Wenn ich etwas gegen Ihr Schweigen gehabt hätte, dann würde Ihr liebenswürdiges Schreiben das bewirken, was die Sonne auf den morgendlichen Nebel bewirkt - nein, nein, es ist unmöglich, daß man nach einer derartigen Vergangenheit für die Zukunft gleichgültig sein könnte; ich entschuldige Ihre Feder, Ihre Langsamkeit - Fassen Sie den guten Wunsch des Trägen.

Sie sind reizend, daß Sie das enorme Opfer des Feuilletons gebracht haben, dies bedeutet einen großen Sieg, und Unser Herr hat Sie dafür auch reich belohnt.

Seien Sie ganz beruhigt bezüglich der Rückerstattungen. Ich habe mich ihrer angenommen und entbinde Sie davon: Sie haben nichts mehr damit zu tun und zu diesem Zweck zu geben, also keine Angst mehr.

Haben Sie auch keine Bedenken für Ihre Kommunionen - ich versichere Sie, daß sie gut waren und sind; ich sage nicht, daß sie vollkommen waren, wohl aber sind sie gewinnbringend und für Ihre Seele sehr nutzreich. -

Ich möchte gerne eine dritte Niederlassung in Lyon haben, beinahe wäre es dazu gekommen, dann aber hat es der lb. Gott auf später verschoben. -

Nur Mut! Vergessen Sie nicht lange, daß die Feder das Bedürfnis hat, den Gedanken und die Empfindung des Herzens zu wiederholen.

Ich verabschiede mich im Herrn, um mich zur Predigt fertig zu machen.

Ganz Ihr

Eymard.

S


Nr.1060

An Frau Gourd

Paris, 29. September 1861.

Gnädige Frau und teure Schwester im Herrn!

Erst jetzt habe ich Ihren Brief zu Ende gelesen, weil ich bis zu diesem Zeitpunkt durch unvorhergesehene Dinge in Anspruch genommen wurde.

  1. Sie können diesem jungen Mann je nach Ihren Mitteln zu Hilfe kommen, u.zw. eher mehr als weniger. Dies ist Nächstenliebe für eine Person im kirchlichen Dienst.
  2. Sie hätten Ihre übliche Messe feiern lassen können; seien Sie grundsätzlich eher großzügig als furchtsam, halten Sie sich an den Hausverstand, die Angemessenheit und die Gnade des Augenblickes.

Der Frieden, den Sie spüren, ist die Frucht des Gehorsams und das göttliche Siegel der Zufriedenheit Gottes.

Gute Tochter, seien Sie für alle und für alles zur angenehmen Freude des Herrn.

Ich bedauere es, daß ich nicht Ihrer lb. Tochter schreiben konnte; ich werde es nach der Rückkehr von den zehntägigen Exerzitien, die ich ab morgen predigen werde, nachholen.

Ich segne Sie aus ganzem Herzen,

Eymard.


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