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Index Briefe Bd. 2 / Index Französisch / Index Eymard
Nr.0561
An Marg. Guillot
Lyon, 30. April 1856.
Meine liebe Tochter im Herrn!
Ich reise ab, um in Paris Exerzitien zu machen und um Rat zu fragen; so habe ich noch zehn Tage Zeit zum Überlegen, Beten und Opfern.
Setzen Sie Ihre Gebete für mich fort; ich will nur Gott, nur seinen heiligen Willen, seine Ehre. Falls mich Gott in seiner göttlichen Barmherzigkeit vorausahnen läßt, daß nicht dort mein Platz noch sein Gefallen ist, dann ist die Frage für immer entschieden.
Glauben Sie mir, bei mir handelt es sich nicht um eine Frage des Verstandes noch des Wunsches nach einer vollkommeneren Berufung, es ist eine Gewissensangst: die Furcht, einer Gnade und einem Kreuz untreu zu sein.
Ich ließ den guten Pater Favre mit diesem Gedanken zurück; sein Herz war dadurch getröstet: er ist so gut und so mild!
Ihr im Herrn ergebenster
Eymard.
An Frl. Guillot Margarete,
Haus der Karmeliterinnen,
Friedensrichterstraße, Fourvière,
Lyon.
Nr.0562
An Frl. v. Revel
Lyon, 30. April 1856.
Gnädiges Fräulein und teure Schwester im Herrn!
Ich möchte mich Ihren guten Gebeten empfehlen. Ich reise nach Paris, um zehn Tage lang geistliche Übungen zu halten und einen Außenstehenden um Rat zu fragen; dies ist die letzte Prüfung, der ich mich unterziehen will, um mein Gewissen zu beruhigen; für mich ist dieser Gedanken, den Sie kennen, nichts anderes, als zuerst einmal eine Neigung, die seit vier Jahren zu einer Gewissensfrage geworden ist. Ich würde mich für untreu und undankbar halten, wenn ich nicht getan hätte, was ich getan habe; nun bleibt noch die entscheidende Bewährungsprüfung, ich hoffe, daß mich die göttliche Barmherzigkeit in dieser schwerwiegenden Situation nicht im Stich läßt, und daß sie mich nicht im Verlangen, das mich geleitet hat, verlorengehen läßt, nämlich das alleinige Verlangen, seinen Willen zu erfüllen; ich bin entschlossen, alles aufzugeben und zurückzukehren, wenn ein Strahl der Gnade und des Lichtes (die letzte Zeile der ersten Seite bleibt so unvollendet, A.d.H.)
Frau v.Froissard, diese gute protestantische Dame, die konvertierte, hat mir geschrieben bezüglich eines jungen Mannes, für den sie sich interessiert; es ist ihr Neffe, der Sohn von Herrn Monod; aber ich kann nichts unternehmen, wenigstens im Augenblick; diese Frage erfordert eine ernsthaftere Prüfung beider Seiten, - sogar die Seite der Person. Ich hätte ihm geschrieben, aber ich habe seine Anschrift vergessen.
Im Herrn verbleibe ich allzeit Ihr ergebenster
(unleserliches Zeichen)
Eymard.
An Fräulein v.Revel
St. Helena-Straße
L y o n
Nr.0563
An Frau Sauvestre de la Bouralière
Paris, Ursulinenstraße 12, Christi Himmelfahrt, Mai 1856.(1)
Gnädige Frau und teure Schwester im Herrn!
So bin ich nun seit einigen Stunden in Paris, mein erster Brief soll an Sie gerichtet sein, er wird im Haus der Sühneanbetungsschwestern geschrieben. Das heißt, daß ich hier bin. Der hochwst. Pater Generalobere hat mir erlaubt herzukommen, um entscheidende Exerzitien zu machen: entweder für das Werk des Hl. Sakramentes oder um gänzlich darauf zu verzichten.
Es war mein sehnlichster Wunsch, mich mit der Königin des Zönakels und den Aposteln in Exerzitien zu begeben, nach der Rückkehr vom Ölberg ganz glücklich und in der Majestät der Herrlichkeit Jesu. Und ich komme in das Zönakel wie ein Soldat, der vom Schlachtfeld zurückkehrt; ich sage nicht siegreich, aber abgespannt und noch ganz vom Gefecht erregt. Wenn mir Gott in seiner unendlichen Güte sagt: "Geh weiter, steig auf diesen Kalvarienberg des Feuers", so würde ich mit der Gnade und dem Verlangen seiner Liebe das Opfer vollziehen. Ich habe das Schwert und das Opferlamm zu meiner Verfügung, die Dispens von meinen Gelübden; aber die Dispenswirksamkeit ist bis zum Ende meiner Exerzitien aufgeschoben. Wenn Gott mir im Gegenteil in seiner unendlichen Güte und aufgrund meiner Unwürdigkeit sagt, nach Lyon zurückzukehren, werde ich sofort zurückkehren, einzig mit dem Bedauern, daß ich nicht heilig genug war, um die Ehre anzustreben, diesem guten Jesus, diesem König der Liebe, nicht direkter und absoluter zu dienen.
Dies, gnädige Frau und teure Schwester, sind meine Pläne. Sie werden für mich, für das Werk und für die größere Ehre Gottes beten. Ich bete viel zu Maria, der Königin des Abendmahlssaales, zum hl. Josef von Jesus (ich will sagen von Betlehem, von Ägypten und Nazaret). Ich habe den Erzengel Gabriel, die Kraft Gottes, zum Schutzpatron genommen.
Ich habe hier von Ihrer Opfergabe erfahren; sie ist die erste; es gibt nichts Tröstlicheres. Möge jener, der gesagt hat: "Wer den Propheten nährt, erhält den gleichen Lohn wie er", es Ihnen hundertfach zurückerstatten.
Wenn ich nun, teure Schwester und Frau, wüßte, daß mir der gute Meister sagen will: "Wirf das Netz aus auf hoher See, bereite mir einen Abendmahlssaal, ich werde meine Wonne daran haben", so würde ich Ihnen sagen: "Das erste Schultertuch, die erste Albe, das erste Zingulum und das erste Meßkleid müssen aus Ihrer Hand kommen. Die ersten Blumensträuße, welche den Altar des Lammes schmücken, sollen Ihr Werk und Ihre Gabe sein. Sie sollen die Mutter, die Schwester und die Dienerin sein".
Was ich für Sie sage, meine ich ebenso für Ihre so gute und vorzügliche Schwester, deren Herz zu kennen ich das Glück habe; ich bitte Sie, ihr meine ehrfürchtigen Grüße zu überbringen.
Stets im Herrn verbleibe ich, gnädige Frau und teure Schwester, in seiner Liebe ganz Ihr
P. Eymard, P.M.
P.S.- Eine erste Prüfung: von seiten des Obern wird mir erklärt, daß ich meine Exerzitien nicht im Haus der Sühneanbetung machen darf.
So bin ich in einer recht armen Gemeinschaft; aber es gibt hier einen göttlichen Tabernakel: das genügt und ersetzt alles.
Schicken Sie mir Ihre Kreuze: An Herrn Abbé Eymard, Rue d'Enfer 114, Paris.
An Frau Sauvestre de la Bouralière,
nahe am Großen Seminar,
Poitiers.
Nr.0564
An P. Lagniet
Paris, Ursulinenstraße 12, Christi Himmelfahrt, 1. Mai 1856.
Lieber und hochwürdigster Pater Lagniet!
Ich möchte, daß Sie von niemand anderem als von mir selber meine plötzliche Ankunft in Paris erfahren. Ich bin gestern abend gegen Nacht hier eingetroffen. Ich begebe mich hierher, um mit Erlaubnis des hochwst. P. Generals endgültige geistliche Übungen zu machen, um so oder anders mit dem Gedanken Schluß zu machen, der mich seit mehreren Jahren, vor allem in den letzten zwei Jahren beschäftigt, mich auf die Bewährung stellt und leiden läßt; Sie wissen, worum es geht. Da diese Einstellung in mir weder eine Beurteilung noch ganz einfach ein Herzensbedürfnis darstellt, sondern eine Überzeugung, die mein Gewissen, die Treue oder Untreue gegenüber der Gnade ist, will ich die Sache während der Exerzitien durchleuchten und mich darin von einem gelehrten, erfahrenen und eher strengen Außenstehenden beraten lassen und mich seiner Entscheidung fügen. Ich will einige Tage lang beten, bevor ich ihn auswähle; ich will nichts anderes tun, als den Frieden suchen, mich von mir selber befreien und alle meine alten Gedanken, alle meine Wünsche, kurz: alles, was diesen Gedanken begünstigen könnte, zur Seite schieben, um mich in einen vollständigen Gleichmut zu versetzen; ich bin bereit, sofort nach Lyon zurückzukehren, und dort zu tun, was man von mir verlangt, u.zw. vorbehaltlos und ohne etwas zu bedauern; oder wenn der Mann Gottes, dem ich aufrichtig das Für und Wider anvertrauen werde, mir sagt, vorwärtszugehen, dann mache ich den großen Schritt und werde mich während einiger Zeit vergraben. Ich habe zuviel durchgemacht. Es hieß: setzen Sie einen einfachen Akt des Gehorsams. Ich habe dies tausendmal getan, aber diese Gewissensfrage (die echt oder falsch sein mag) packt mich immer wieder. Die Antwort des P. Colin, als er noch Generaloberer war, ließ sie wieder vor meine Augen treten. Sie sehen also, lieber Pater, wiesehr ich Ihrer, Ihrer Gebete und Ihrer Liebe bedarf.
Um den vollständigen Beweis zu liefern, habe ich dem hochwst. Pater meine Absicht mitgeteilt, in der Kapelle der Anbetung, zusammen mit Herrn de Cuers Exerzitien zu machen. Die Vorsehung hat es zugelassen, daß ich gestern abend die Zimmer, welche von Bischof Luquet benutzt wurden, frei angetroffen habe; ich war nämlich nicht erwartet worden, ja nicht einmal bei den Sühneanbetungsschwestern angekündigt, und die Ehrw. Mutter Oberin war über meine Ankunft überrascht (seit mehr als 4 Jahren hatten wir einander weder gesehen noch geschrieben); überrascht hat sie auch meine Bitte; sie wollte die Entscheidung nicht auf sich nehmen, aus Furcht, Sie zu verletzen; sie hat bei ihrem Obern dazu schriftlich angefragt. Ich kenne seine Entscheidung nicht, halte sie jedoch für günstig, denn ich will ja nur während der Exerzitienzeit hierbleiben.
Ich werde Sie erst am nächsten Montag aufsuchen, lieber Pater, das wurde mit dem hochwst. P. General vereinbart. Sie wissen, daß er am Sonntag früh um 5 Uhr mit dem ersten Expreßzug bei Ihnen eintreffen wird. Wenn Sie irgendwelche Unannehmlichkeiten sehen, daß ich ins Haus komme, so zähle ich auf Ihre Güte, mir das zu schreiben; und ich versichere Ihnen, daß ich Ihre Meinung, wie immer sie auch ausfallen mag, als weisen und vorsichtigen Entschluß betrachte.
Ach, lieber Pater, an diesem Morgen schilderte ich Ihnen, wie mir zumute war; und als mein Brief unterwegs war, hätte ich Ihnen viele andere Dinge mitzuteilen gehabt, aber es fehlte mir der Mut. Bitte erzählen Sie niemandem im Haus etwas über meine Angelegenheit und meine Exerzitien, wenn es sich machen läßt.
In Jesus und Maria verbleibe ich, lieber
und hochwürdigster Pater, Ihr ergebenster
Eymard
p. m.
Ursulinenstraße 12,
Christi Himmelfahrt 56.
P. S. - Nach der hl. Messe teilt mir die Ehrw. Mutter die Antwort ihres kirchlichen Obern mit. Herr Gaume hält es für unklug, daß sie mir erlaube, im Kloster der Sühneanbetung meine Exerzitien zu machen. Ich habe sofort umdisponiert und gehe zu einer kleinen Gemeinschaft, Rue d'Enfer 114.
I c h k e n n e w e d e r d e r e n N a m e n n o c h d e r e n Z w e c k; e s
s c h e i n t s i c h u m e i n e A r t T r a p p i s t e n k l o s t e r z u h a n d e l n.
An den hochwst. P. Lagniet
Provinzial der Maristenpatres,
Montparnaß 31
P a r i s
Nr.0565
An P. Lagniet
Paris, 4. Mai 1856.
Lieber und hochwürdigster Pater!
Ich komme noch einmal. Ich habe mir überlegt, daß es klüger sei, wenn ich Sie erst am Ende meiner Exerzitien besuche. Wenn die Entscheidung zugunsten meiner ersten Berufung ausfällt, wird mein Besuch brüderlicher sein. Wenn sie im Gegenteil im Sinne des Opfers lauten wird, verstehe ich, daß die Klugheit mehr Zurückhaltung und ein gänzliches Vergessen verlangt. Ich befinde mich in einer Gemeinschaft des hl. Herzens Mariens. Ich gehe überhaupt nicht aus und treffe mit niemandem zusammen, ausgenommen mit Herrn de Cuers, der von Zeit zu Zeit kommt. Es ist eine vollständige Zurückgezogenheit. Ich bin froh, nicht bei den Sühneanbetungsschwestern geblieben zu sein; ich war der Meinung, daß sich Herr de Cuers außerhalb der Gemeinschaft befände. Überdies überlegt man nie genug, ich habe meine Wahl noch nicht getroffen; hier gibt es niemand, der mir zusagt. Man hat mir den einen oder anderen Sulpizianer oder Jesuiten genannt. Ich befinde mich auf dem Kreuz: Gott will es.
Wenn ich wenigstens imstande wäre, mir selber, allen Empfindungen und dem ganzen eigenen Willen absterben zu können. Dies versuche ich zu erreichen und ohne Unterlaß zu sagen: Herr, verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen Geist nicht von mir weg! Vater, nicht was ich will, sondern was du willst.
Beten Sie für den, der in Jesus und Maria stets bleibt
Ihr ergebenster
Eymard.
p.m.
An hochw. P. Lagniet, Provinzial der Maristen in Paris.
Nr.0566
An den Weihbischof Sibour(de Tripoli)
(viell. an den Erzbischof Sibour) sh.
Anmerk. im französ. Text!
(4.Mai 1856).
Exzellenz!
Der Unterfertigte ist ein Priester von Lyon und wagt es, Ihre Gnaden um eine Sonderaudienz zu bitten. Ich bin mit der vollen Absicht nach Paris gekommen, um Ihre Exzellenz in einer wichtigen Angelegenheit um Rat zu fragen, welche der Kirche zum Wohle gereichen kann. Ich werde Ihre Güte nicht mißbrauchen, Exzellenz, ich habe die feste Zuversicht, daß Sie mir diese Bitte nicht verweigern werden.
In tiefster Ehrfurcht Ihrer Exzellenz
untertänigster und gehorsamster Diener
Abbé Eymard
Paris, Rue d'Enfer 114,
4. Mai 1856.
__________
(Brief des neuen Bischofs von Carcassonne, Msgr. de la Bouillerie an Bischof Sibour in Paris - als Antwort auf ein Schreiben von P. Eymard).
Es tut mir sehr leid, Exzellenz, daß mir mein kurzer Aufenthalt in Paris nicht die Ehre zuteilwerden läßt, Sie zu besuchen. Ich nehme mir dennoch die Freiheit, das Schreiben des guten P. Eymard zu befürworten.
Er wird Ihnen über ein Projekt berichten, das ich seit langer Zeit kenne, meine nunmehrige Lage erlaubt es mir aber nicht, es zu begünstigen. Ich halte es unter vielen Gesichtspunkten als nützlich, um die Zukunft unserer Werke der Anbetung zu sichern. Ich kenne das große Interesse, das Sie diesen Werken entgegenbringen, und das Gute, welches Sie ihnen erweisen.
Erlauben Sie mir, Ihnen dafür zu danken und Ihrer Umsicht und Ihrem Seeleneifer den frommen Gedanken des P. Eymard zu empfehlen.
+ Franz
Bischof von Carcassonne.
5. Mai 1856.
_________
Nr.0567
An den Weihbischof Sibour (de Tripoli)
(viell an den Erzbischof Sibour - sh. Anmerkung im französ. Text!)
Bericht des P. J. Eymard, übergeben an Msgr. Sibour (de Tripoli), Weihbischof von Paris.
(viell. an den Erzbischof selbst)
Exzellenz!
Erlauben Sie mir, Ihnen meine Seele offenzulegen über einen Gedanken, den ich von Gott kommend halte; weil ich aber meiner Schwachheit und den Illusionen der Eigenliebe mißtraue, bedarf ich Ihres weisen Rates, damit ich nach den gewöhnlichen Regeln der göttlichen Vorsehung, d.h. im Gehorsam vorgehen kann.
Seit fünf Jahren fühle ich mich zur Hl. Eucharistie hingezogen durch einen sehr starken inneren Drang. Während mehr als zwei Jahren habe ich ihn bekämpft und darüber geschwiegen; weil dieser Drang immer stärker wurde, und ich befürchtete, mich einer Gnade zu widersetzen, habe ich mich beim Provinzial der Kapuziner, P. Alfons, darüber ausgesprochen; dieser weise und kluge Mann riet mir, diesen Gedanken fallenzulassen; er fügte jedoch hinzu: sollte Sie diese Sache jedoch weiterhin verfolgen, sprechen Sie darüber mit Ihrem Generalobern, er hat ein Ohr dafür. Fast ein Jahr verging in diesem inneren Kampf; schließlich eröffnete ich meinem Obern, dem hochwst. P. Colin, meinen Gedanken. Nachdem er ihn geprüft hatte, sagte er zu mir: "dieser Gedanken ist gut; ich glaube, er kommt von Gott; beten Sie, sterben Sie sich selber ab, und vielleicht wird Gott eines Tages daraus etwas zu seiner Verherrlichung machen..." - Später, als der hochwste. P. Colin zurückgetreten war, teilte ich den Wunsch meiner Seele seinem Nachfolger, dem hochwürdigsten P. Favre, mit; und dieser hat sich bis zum heutigen Tag dagegen zur Wehr gesetzt. Sein Wohlwollen mir gegenüber, seine neue Position, die Furcht vor einem Unbehagen in der Gesellschaft, weil ich vor einigen Jahren selber Provinzial war, die Furcht vor einer frommen Illusion: dies waren die Hauptmotive seiner Ablehnung.
Ein Jahr ist in dieser langen und schmerzvollen Bewährungsprüfung verflossen; aber der ursprüngliche Gedanken wurde immer stärker; weil ich also befürchtete, der Gnade untreu zu sein, und ermutigt durch die Worte meines vormaligen Generalobern sowie durch die Meinung von einem meiner ehemaligen Seelenleiter habe ich viel gebetet und beten lassen; dann habe ich diesen Gedanken und diesen Herzenswunsch Seiner Heiligkeit Pius IX. zu Füßen gelegt.
Am 27. August 1855 hat er darauf mündlich folgendermaßen geantwortet:
"Das Werk kommt von Gott, davon bin ich überzeugt; die Kirche braucht dieses Werk, es mögen alle Mittel eingesetzt werden, um die Hl. Eucharistie bekanntzumachen. Ich wünsche es jedoch, daß der Maristenpater sich mit seinem Obern und dem Ortsbischof einigt, um all das zu beginnen. Ich könnte ihm selber die Erlaubnis geben, sich ans Werk zu machen, aber die Klugheit Roms verlangt es, daß der Generalobere einwilligt, und er wird es gerne tun."
Nach dieser wohlwollenden Antwort des Hl. Vaters erwartete ich mir, eine bejahende Antwort zu erhalten, ich habe jedoch nur Prüfungen erfahren; diese waren ohne jeden Zweifel für das Wohl meiner Seele notwendig; es scheint mir, daß ich mit der Gnade Gottes davon profitiert habe.
Schlußendlich habe ich vor 12 Tagen bei meinem Obern den letzten Versuch unternommen, der mir diesmal meine volle Freiheit gegeben hat, freilich muß ich sagen, mit Kummer und Schmerz - die Prüfung war zu Ende, sie hatte mehr als zwei Jahre lang gedauert; jetzt änderte sich die Ausdrucksweise des hochwst. Superiors: er mußte mich prüfen, er wollte mich behalten, dies wäre seine Pflicht und ein Akt des Wohlwollens, sagte er zu mir; nun lauteten seine letzten Worte: "Um Ihnen zu beweisen, guter Pater, wiesehr ich an Ihnen hänge, sage ich Ihnen aus ganzem Herzen, daß Ihnen, sollte der Versuch, den Sie unternehmen wollen, fehlschlagen, oder sollten Sie aus irgendeinem anderen Beweggrund in die Gesellschaft zurückkehren wollen, die Türen stets offenstehen werden, und daß Sie hier immer wie ein Sohn der Familie aufgenommen werden." Soviel Zeichen von Wohlwollen, Exzellenz, hätten mein Herz überwältigt, wenn ich nicht befürchtet hätte, mich der Stimme Gottes zu widersetzen.
Bevor wir auseinandergingen und ich von meiner Freiheit Gebrauch machte, und auch deshalb, um meine Entscheidung nicht aus der Wirkung eines besonderen Verlangens, sondern im Gehorsam zu treffen, bat ich um die Erlaubnis zu Exerzitien, bevor ich ans Werk gehen wollte; während dieser geistlichen Übungen wollte ich diesen eucharistischen Gedanken und meine Freiheit der Prüfung eines klugen Seelenführers unterwerfen; diesem Vorschlag hat er mit großer Freude zugestimmt.
Ich befinde mich seit Christi Himmelfahrt in Exerzitien, und Gott zieht mich mehr und mehr zum gänzlichen Opfer aus Liebe zum Kreuz. Nun erlauben Sie mir, Exzellenz, daß ich Sie wie den Ananias meines Lebens um Ihre Ansicht frage und Sie um die Güte eines Rates bitte. Ich werde Ihnen wie Gott selbst gehorchen.
Glauben Sie, Exzellenz, daß ich etwas tue, was Unserem Herrn wohlgefällt, wenn ich mich dem Dienst an der Hl. Eucharistie widme?
Sind Sie der Ansicht, daß ich, tuta conscientia (mit ruhigem Gewissen), von meiner Freiheit Gebrauch machen kann?
Wenn mir Ihre Exzellenz mit Ja antworten, dann werde ich Ihnen mein ganzes Leben lang dankbar sein und ich werde in Freude und Zuversicht beginnen; alles scheint bereitzustehen; 5 bis 6 sehr fromme und von ihrem Bischof sehr geschätzte Priester warten nur auf diese Entscheidung, um sich darauf vorzubereiten, drei unter ihnen sind frei.
Wenn Sie im Gegenteil in Ihrer Klugheit meinen, daß ich vollständig darauf verzichten soll, dann bin ich sofort zum Gehorsam bereit; ich werde den Willen Gottes, der sich durch Ihren Willen kundgetan hat, anbeten und zurückkehren, um meine ursprüngliche Bindung wieder aufzunehmen.
Der Bischof De la Bouillerie, der mich kennt und dem ich mein Verlangen und meine gegenwärtige Lage offengelegt habe, ebenso meinen Entschluß, meine persönliche Frage Ihrer Exzellenz zu unterwerfen, hat mein Vorhaben sehr gebilligt und dazu ermutigt - er hat mir sogar sehr aufmunternde Worte gesagt: "daß wir den Werken der Anbetung in Paris unter Ihrem hohen Schutz sehr nützlich sein könnten, falls uns Ihre Exzellenz mit Wohlwollen aufnähme - daß meine Eigenschaft als Ordensmann eher nützlich als hinderlich sein würde, wenigstens zu Beginn, um das Personal heranzubilden; und daß übrigens das so verpflichtende Angebot meines Obern, mich jederzeit wieder aufzunehmen, eine Sicherheitsmaßnahme und ein Motiv der Zuversicht darstelle, den Versuch zu unternehmen."
Nun überlasse ich alles Ihrem Urteil, Exzellenz; ich erhoffe von der barmherzigen Güte Gottes die Gnade aus ganzem Herzen und ohne Vorbehalt mich zu unterwerfen.
Mit tiefster Ehrfurcht und gänzlicher Überantwortung bin ich in Unserem Herrn
Ihrer Exzellenz untertänigster Sohn
Eymard
P.Mar.
Paris, Rue d'Enfer 114,
5. Mai 1856.
Nr.0568
An den Weihbischof Sibour (de Tripoli)
(viell. an den Erzbischof Sibour - sh. Anmerkung im französ. Text!)
(5. Mai 1856).
Exzellenz!
Einige Priester der Diözesen von Lyon, Marseille und Toulon wagen es, Eurer Exzellenz den vertraulichen Wunsch ihrer Seele zu Füßen zu legen.
Beseelt vom gleichen Gedanken, sich nämlich in einer ganz besonderen Weise dem Dienst der anbetungswürdigen Eucharistie hinzugeben, und ermutigt durch das wohlwollende Wort des Hl. Vaters, wenden sie sich an Ihre Güte und Ihre Liebe zu Jesus Christus, um die Erlaubnis zu erbitten, sich unter Ihrer hohen Schutzherrschaft vereinigen zu dürfen, als Gemeinschaft zu leben, um sich so ohne Aufsehen im Gebet, Studium und in den apostolischen Tugenden auf diese schöne eucharistische Sendung vorzubereiten und sich zu befähigen, den verschiedenen Werken der Anbetung, die bereits in der Hauptstadt soviel Gutes bewirken, einige Hilfeleistungen anzubieten.
Mit dem Ausdruck tiefster Verehrung und kindlichen Vertrauens wagen sie es, sich Eurer Exzellenz untertänigste und gehorsamste Diener zu nennen.
Eymard de Cuers
Pr. Pr.
Paris, Rue d'Enfer 114,
5. Mai 1856.
Nr.0569
An Marg. Guillot
Paris, 7. Mai 1856.
Ich befinde mich immer noch in den Exerzitien, meine lb. Tochter im Herrn. Ich halte sie bis Dienstag, 13. Ich habe mich in eine gänzliche Gleichmütigkeit versetzt. Ich habe meine Seele einem gelehrten, erfahrenen und strengen Gottesmann eröffnet, den ich nicht kannte; sein letztes Wort lautete: "Ich muß beten, überlegen und mich beraten. Dienstag werde ich Ihnen eine Antwort geben". Wie wird diese Antwort lauten? Ich weiß es nicht; was mich versichert, ist die Tatsache, daß ich einfach alles gesagt habe, was gegen mich ist; alles, was man mir in Lyon gesagt hat. Ich habe darüber zuviel gesagt, um jetzt eine natürliche Zuversicht zu haben; der hl. Wille Gottes wird sich durch seinen Mittelsmann offenbaren. Wenn er mir sagt, auf diesen Gedanken zu verzichten, werde ich beruhigt sein; ich werde das getan haben, was mein Gewissen tun zu müssen glaubte. Wenn er mir im Gegenteil sagt, ich soll weitermachen, dann werde ich es im heiligen Gehorsam tun. Somit hat die Frage einen anderen Charakter angenommen; ich bin mit meinem Anliegen dort anbelangt, wo es hätte anfangen müssen: Gott hat es so gewollt, und ich preise ihn dafür; das wird mir gut tun und mich von vielen natürlichen und menschlichen Dingen freimachen.
Ich habe den hochwst. Pater General getroffen, er hatte die Güte, mich zu besuchen. Seine Zuneigung und seine Güte durchbohren mein Herz und machen mich mehr leiden als alle Versuchungen des Teufels oder der Natur. Er hat mir gesagt, daß auch er nur den Willen Gottes wolle; ich bin darüber ganz glücklich.
Eine andere Nachricht: ich habe für das Kind von Charlieu einen ausgezeichneten Platz gefunden. Es wird in eine Anstalt kommen, wo die Religion, die Kunst und das Handwerk keine Wünsche offenlassen. Man muß versuchen, es gleich hinzuschicken und einen guten Reisenden finden, der es nach Paris zu Herrn de Cuers begleitet: Ursulinenstraße 12, in Paris.
Zu mir selbst: ich bin bei den Exerzitien allein und wirklich mit Unserem Herrn allein, in einer Männergemeinschaft, Höllenstraße 114, Paris. Noch ein wenig Gebet, Geduld und Hingabe und alles wird gesagt sein.
Ihr allzeit im Herrn ergebenster
Eymard.
P. S.- Meine aufrichtigen Grüße an Ihre guten Schwestern.
An Fräulein Guillot Margarete,
Karmeliterinnen-Haus,
Friedensrichterstraße, Fourvière,
Lyon (Rhône).
Nr.0570
An den Erzbischof Sibour in Paris
(7. Mai 1856).
Exzellenz!
Ich nehme mir die Freiheit, Eurer Exzellenz eine angemessenere Abschrift des Projektes der Gesellschaft vom Hlst. Sakrament zu überreichen, das Seiner Heiligkeit Pius IX. am 27. August 1855 unterbreitet wurde. Wenn Eure Exzellenz und Erzbischof in Ihrer großen Weisheit und trotz unserer Unwürdigkeit den Plan versuchsweise unter Ihrer wohlwollenden Schutzherrschaft huldvoll segnet, dann wage ich die Hoffnung von Ihrer Güte, Exzellenz, wenigstens eine zeitlich begrenzte Bewilligung dafür zu erhalten, damit wir gleich zu Beginn auf dem Weg des hl. Gehorsams voranschreiten.
Nehmen Sie huldvoll die tiefste Verehrung und volle Selbstverleugnung entgegen, mit denen ich es wage, in Unserem Herrn zu bleiben als Eurer Exzellenz
untertänigster Sohn
Julian Peter Eymard
P.m.
Paris, Rue d'Enfer, am 7. Mai 1856.
Anmerkung: In D-I-339 findet sich die authentische Abschrift des Berichtes (Projekt "Touche-Sibour") über die Gesellschaft vom Hlst. Sakrament, dessen Text im Archiv des erzbischöfl. Ordinariates von Paris verwahrt wird. Er ist ohne Datum. Er enthält 7 Kapitel:
Kapitel 1: Über die Ziele der Gesellschaft (1 Seite)
" 2: Über die Werke der Gesellschaft (1 Seite)
" 3: Über den Geist der Gesellschaft (1 Seite)
" 4: Über deren Mitglieder (1/2 Seite).
" 5: Über die Gelübde (1 Seite).
" 6: Über das Verhalten der Religiosen zu den kirchlichen Obern (1 Seite).
" 7: Über die Leitung (1/2 Seite).
Nr.0571
An P. Lagniet
12. Mai 1856.
Lieber und hochwürdigster Pater!
Danke für Ihr Brieflein. Wie sind Sie doch gütig! Sie sind es mir gegenüber wirklich zuviel! Ich verlasse das Haus nicht, und erst gegen Abend soll ich endlich eine Entscheidung erhalten, und wer weiß, ob ich sie wirklich bekomme! Wie Gott will! Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie sie ausfallen wird. Gott hat mich während dieser elf Tage in einem vollständigen Tod und in eine Hinopferung meines Willens versetzt! Ich glaube mich bereit zu allem: zu Ihnen zu gehen und Sie mit liebendem Herzen zu umarmen, wenn ich bei Ihnen bleibe, oder mein Haupt mit der Dornenkrone zu kränzen, wenn mich Gott für sein Werk ruft. Ich nehme an, daß ich Ihnen erst am Mittwoch früh ein paar Nachrichten überbringen kann; inzwischen sehen Sie mich als Ihr Kind im Herrn an.
Eymard, p.m.
An Hochw. P. Lagniet
Provinzial der Maristenpatres,
in Paris, Montparnaßstraße 31.
Nr.0572
An den Papst Pius IX., 13. Mai 1856.
- - -
Dieses Schreiben an Pius IX. Es findet sich im franz. Katalog dafür keine Veröffentlichungsquelle.
Nr.0573
An P. Favre
Paris, 14. Mai 1856.
Lieber und hochwürdigster Pater!
Endlich ist nach zwölf Tagen des Wartens, der Gebete, der Tränen und der Selbstaufgabe die Prüfung vorüber: es wurde mir zweimal die Antwort erteilt, man sei der Meinung, es sei der Wille Gottes, daß ich mich dem Werk des Hlst. Sakramentes widmen soll. Ich hatte den festen Entschluß gefaßt, in aller Bescheidenheit und ohne Rücknahme das gegenteilige Urteil anzunehmen; mein Wille befand sich in der Indifferenz der Wahl. Nachdem mir Gott seinen Willen kundzutun scheint, werde ich mich dafür einsetzen mit dem alleinigen Vertrauen auf seine Gnade und mit der Hoffnung auf die Hilfe Ihrer Liebe und Ihrer Gebete.
Ich sage Ihnen nichts von den Qualen, Versuchungen und Prüfungen, hochwürdigster Pater, durch die mich Gott hindurchschreiten ließ. Ich erzähle Ihnen auch nicht, was es meinem Herzen, meiner Seele und allen meinen Gefühlen kostet, diesen Schritt zu wagen; es ist ein großer Schritt, (den ich als einen Schritt in den Todeskampf bezeichnen könnte), denn ich sehe nur das Kreuz und den Leidenskelch; dabei bin ich noch glücklich, wenn sich Gott herabläßt, mein Opfer anzunehmen; was ich aber in aller Einfachheit sagen kann, ist die Tatsache, daß ich stets im Herzen in Dankbarkeit und kindlicher Ergebenheit ein Sohn der Gesellschaft Mariens bleiben werde; ich bin nämlich zuversichtlich, daß mein Vorgehen dem Wohl der Gesellschaft zugute kommen wird, und ich hege im Grunde meines Herzens diese Gewißheit. Dies wäre nach so vielen Leiden ein sehr wohltuender Trost; wie könnte ich nämlich jene Gesellschaft nicht lieben, die mir eine so gute und zärtliche Mutter war, ein Vater, dessen Herz ich kenne, und der mich mit soviel Zuneigung und Hingabe geliebt hat? Bei so wohlwollenden Mitbrüdern? Soll ich es gestehen, hochwürdigster Pater? Bis zum Tag der endgültigen Entscheidung habe ich meinen eucharistischen Gedanken als zum Scheitern verurteilt und verloren betrachtet: ich hatte mein Opfer gebracht, alles stand bereit, um noch am selben Tag nach Lyon zurückzukehren. Gott hat eine andere Absicht: sein heiliger Wille möge in Erfüllung gehen!
Nehmen Sie nun, guter und hochwürdigster Pater, in Güte meine lebhaftesten und aufrichtigsten Gefühle der Dankbarkeit entgegen für alles, was die Gesellschaft mir huldreich erwiesen hat. Danken Sie bitte in meinem Namen dem guten P. Teraillon für dessen gute Ratschläge, dem ich es verdanke, diese schmerzvollen, aber heilsamen Exerzitien gemacht zu haben; und durch diese Exerzitien hat wieder alles zur normalen Ordnung zurückgefunden: nicht mehr ich bin es, der geprüft und beurteilt hat; ich widme mich dem Eucharistischen Werk nicht mehr aus meinem persönlichen Verlangen heraus; darauf hatte ich vollständig verzichtet; es geschieht vielmehr durch die Autorität dreier bewährter Männer, die mir vorher unbekannt waren, kurz gesagt, dreier Bischöfe, und außerdem noch eines gelehrten, erfahrenen und strengen Mannes; und wenn ich noch Ihren Segen, Ihre Gebete und Ratschläge hinzufügen darf, hochwürdigster Pater, dann bewege ich mich auf dem Weg der Vorsehung.
Der Erzbischof hat dieses Werk mit großer Freude aufgenommen, er hat ihm seine Approbation mit einem Wohlwollen erteilt, die uns überrascht hat. Bischof De Tripoli ist dessen kirchlicher Oberer und er hat alle Vollmachten dazu erteilt. Soweit hat sich also in wenigen Tagen dieser Gedanken entwickelt. Der Bischof hat gerne das alte Haus Châteaubriand bis zu dessen Verkauf dem entstehenden Werk zur Verfügung gestellt, weil jenes von Herrn Bad.... vollendet war.
Insgesamt glaube ich, in aller Einfachheit und Wahrheit gehandelt zu haben; ich habe Ihre Erklärung vorgezeigt und alles aufgezählt, was gegen mich spricht. Ich habe mich dann für den Augenblick des Todes bereitgehalten und mich vor das Gericht (des höchsten Richters) versetzt, damit ich später nichts bedauern oder mir innere Vorwürfe machen müßte.
Nun aber möchte ich Sie, guter und hochwürdigster Pater, um zwei Gefallen bitten: erstens: mir Ihre Freundschaft zu bewahren, oder wenn dies zuviel ist, wenigstens Ihre Liebe, Ihre Gebete und jene der Gesellschaft; zweitens: in Ihrer Antwort nach Rom eher auf das Werk als auf meine Nichtswürdigkeit zu sehen; eher auf das Gute, das es bewirken kann, als auf dessen Werkzeug, das leider so armselig ist und zu nichts anderem taugt, als zu leiden, und auch das nur mit Mühe.
Ich habe den Bischöfen berichtet, was sich in Rom zugetragen hat; welche Informationen man von Ihnen erbittet, und die Problematik meiner persönlichen Lage. Es wurde mir zur Antwort gegeben: Vor unserer Entscheidung, ja, da war die Angelegenheit verzwickt, aber heute ändern sich die Dinge, und Ihr Generaloberer, der wie Sie eine gleichmütige Haltung eingenommen hat, wird Ihre Frage aufgrund der nunmehrigen Situation beurteilen.
Gestern, 14., hat mich der gute Pater Lagniet besucht; und seine Güte und Liebe haben mich heute, 15., in die Mitte der gesegneten Familie Mariens geführt, wo ich diese Zeilen vollende. Er sagte mir: "Wir müssen Freunde bleiben, in guten Beziehungen leben und Brüder bleiben; dies liegt gewiß in Ihrem wie in unserem Interesse." Ich habe mit Dankbarkeit angenommen, bis Sie, guter und hochwürdigster Pater, in Ihrer Weisheit, die Dinge auf die angebrachteste Weise regeln werden.
Segnen Sie mich noch einmal, und dieser Segen wird mir Glück bringen, und Gott wird es Ihnen hundertfach vergelten.
Mit den Gefühlen tiefster Dankbarkeit und kindlichster Ergebenheit verbleibe ich jetzt und in Zukunft Ihr im Herrn verbundener Sohn
P. Eymard.
/Anmerkung: Dieser Text wurde von einer direkten Kopie des mit Bleistift geschriebenen Originals erstellt, das sich in DVI-267-269 findet./
Nr.0574
An Frau Sauvestre de la Bouralière
Paris, 15. Mai 1856.
Gnädige Frau und teure Schwester im Herrn!
Es ist gerecht und trostreich für mich, Ihnen die erste Neuigkeit mitzuteilen: die Prüfung von 12 Tagen, von 5 Jahren ist vorbei. Die göttliche Eucharistie hat den Sieg davongetragen, ich bin ihr glücklicher Diener; und der Himmel bewirke es, daß ich eines Tages ihr eifriger und ergebener Apostel werde! Am 13. hat der Erzbischof das Werk genehmigt, und gestern abend ist meine Angelegenheit entschieden worden. Drei Bischöfe haben sie geprüft und beurteilt.
Die Einzelheiten später. Vor der Annahme der Niederlegung meiner ersten Gelübde habe ich heute früh alle Ihre Kreuze mit Ablässen versehen; sie sind sofort abgeschickt worden.
Ich habe ein wenig den Wunsch, Sie in Poitiers zu besuchen, wenn es Gott will.
Meine ehrfürchtigen und ergebenen Grüße an Ihre teure und vielgeliebte Schwester.
In Jesus und Maria verbleibe ich Ihr ergebenster
Eymard.
P.S.- Meine derzeitige Adresse: Ursulinenstraße 12,
bei Herrn de Cuers,
Paris.
An Frau Sauvestre de la Bouralière,
Karmeliterinnenstraße
Poitiers (Vienne).
Nr.0575
An Erzbischof Sibour
(Paris) 16. Mai 1856.
Exzellenz!
Ich erlaube mir, Ihrer Hoheit die Namen und Vornamen Ihrer Kinder der kleinen Gesellschaft vom Hlst. Sakrament bekanntzumachen, damit Sie ihnen huldvoll einen Vollmachtsausweis gewähren möchten.
Herr de Cuers Raimund (aus der Diözese Marseille).
Eymard Peter-Julian (aus der Diözese Grenoble)
Unser Herz, Exzellenz, fließt über vor Freude und Dankbarkeit für die auszeichnende Gnade, die wir Ihnen verdanken. Die kleine Gesellschaft vom Hlst. Sakrament ist Ihr Werk, und wir werden glücklich sein, Ihnen wie Unserem Herrn zu gehorchen und Sie zu lieben wie unseren Vater.
(Bemerkung: Der maschinengeschriebene Text weist einen Abschreibfehler in der 4. Zeile auf: der Text bringt eine andere Reihenfolge der Vornamen: Eymard Julian-Peter).
Nr.0576
An Frau Sauvestre
Bay(onne), 17. Mai 1856.
An Frau Sauvestre
Ehre sei Jesus in der Eucharistie!!!!!
Ich teile Ihnen ein großes Ereignis mit, vielleicht das größte unseres Lebens, des meinen und des Ihrigen.
Drei Bischöfe haben in Paris das Werk des Hlst. Sakramentes approbiert und aufgenommen. Sie haben P. Eymard und den Abbé de Cuers gesegnet. Ich fließe über vor Freude und bin in einer unbeschreiblichen Hochstimmung.
Gleichzeitig schreibt mir P. Maria, daß (er) 2 Berufe, 2 junge und wie die Seraphim eifrige Priester, hat.
Was das Zeitliche betrifft, so werde ich mich darum kümmern und ich hoffe gerne, daß Sie auf der Höhe Ihrer Sendung sind. Es wurden mir 64.000 versprochen, deren Zinsen ich bald nützen werde. Was das Kapital betrifft, so ist dies eine Sache, die sich auf mehrere Jahre erstreckt.
/Anmerkung des Übersertzers: Dieser Brief ist ohne Unterschrift: er scheint n i c h t von P. Ey. zu stammen; vielleicht von P. Hermann Cohen?/
Nr.0577
An Marg. Guillot
Paris, 18. Mai 1856.
Meine gute Tochter, ich möchte Ihnen die große Nachricht bringen. Gestern hat der hochwst. Pater Superior meinen Brief erhalten müssen, der ihm ankündigt, daß mir nach 12 Tagen des Leidens, der Prüfungen und der Hingabe drei in Heiligkeit und Wissenshaft hervorragende Persönlichkeiten erklärt haben, sie glauben, daß es der Wille Gottes sei, daß ich mich dem Werk des Hlst. Sakramentes widmen soll. Diese Antwort erhielt ich zu einem Zeitpunkt, wo ich glaubte, daß alles verloren sei. Mein Opfer war ohne Zurück gebracht.
Ich wollte gleich von Paris zurückkehren. Gott hat anders entschieden; er sei dafür gelobt und gepriesen!
Der hochwst. Pater Favre war von einer Güte und Gottergebenheit, die mir das Herz durchbohrt haben; das war das empfindlichste Schwert, denn ich liebe ihn, und er verdient es in jeglicher Hinsicht.
Ich erzähle Ihnen nichts von mir. Es geht mir nicht sehr schlecht; alle diese Erschütterunen mußten diesen armseligen Leib erschöpfen: alles bedeutet nichts, wenn nur Jesus Christus bedient, geliebt und verherrlicht wird durch seine kleine Familie und durch alle Menschen.
Meine Einstellung zu Ihnen und Ihren guten Schwestern wird immer so bleiben, wie sie war. Ihre Seele und ihr Befinden werden mir stets teuer sein. Es quält mich nur eine Tatsache: daß mein Entschluß Ihnen soviel Leiden verursachte; es gab mehr als genug davon bei mir.
Beten Sie jetzt, daß ich mich einer so schönen und so heiligen Berufung nicht unwürdig erweise, denn wenn ein Kampf vorbei ist, so wird ein anderer beginnen: es ist jener des persönlichen Kalvarienberges, des täglichen Opfers.
Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß ich im Herzen in Dankbarkeit und Ergebenheit ein Kind der Gesellschaft Mariens bleibe, auch wenn ich nicht mehr den Titel Marist trage: man vergißt eine so gute Mutter nicht. Gott hat alle Prüfungen zugelassen, daß man nicht verstanden wird, daß man mich entgegengesetzter Gedanken verdächtigt hat ... ..........; es mußte so sein, um zu einer absoluten Entscheidung zu kommen.
Ich verbleibe stets, lb. Tochter, Ihr im Herrn ergebenster
Eymard.
P. S. - Ich muß Ihnen noch sagen, daß der Erzbischof von Paris das Werk gesegnet und begünstigt hat und daß es im selben Haus beginnen wird, wo ich in der Prüfung lebte; die Gemeinschaft (des hl. Herzens Mariens) hat sich aufgelöst und wir lösen sie ab. Das Haus befindet sich in der Rue d'Enfer 114.
An Fräulein Guillot Margarete,
Friedensrichterstraße, Karmeliterinnen-Haus,
Lyon (Rhône).
Nr.0578
An Frl. v. Revel
Paris, Rue d'Enfer 114, 18. Mai 1856.
Gnädiges Fräulein und teuerste Tochter im Herrn!
Sie haben meinen letzten Brief erhalten müssen, der Ihnen meine Abreise zu Exerzitien und meinen Entschluß, mich in die hl. Gleichförmigkeit zu versetzen, mitgeteilt hat. Meine Exerzitien von 12 Tagen sind zu Ende, die Entscheidung fiel zugunsten des Werkes vom Hlst. Sakrament aus. Ich habe keinen Strohhalm auf die Waage gelegt noch jemanden zum Handeln bewogen; jene, die ihr Urteil abgegeben haben, kannten mich nicht. Ich habe mich in aller Einfachheit eröffnet. Ich rechnete nicht einmal mit einer Entscheidung zugunsten des Werkes, aber Gott hat es anders gewollt, er sei dafür gelobt und gepriesen! Nicht mehr aufgrund meiner Neigung setze ich mich dafür ein, sondern durch einen sichereren Beweggrund. Es hat mich viel gekostet - im Kampf spürt man das Opfer nicht, aber erst nachher, wenn ein Glied amputiert werden muß - ich hoffe, Gott wird mein Opfer huldvoll annehmen, es scheint mir, daß ich es ihm zur Gänze gebracht habe.
Wir haben die wohlwollende Approbation des hochwst. Erzbischofs, wir werden in Paris in der Einsamkeit, in der Armut und im Gebet beginnen - wir werden mit dem Aktivwerden zuwarten, bis Gott uns sagt: "Nun geht!"- Sie werden für mich beten, gute Schwester; auch wenn der Name geändert ist, das Herz ist es nicht; jetzt vor allem habe ich es nötig, wie das Weizenkorn zu sein - es ist notwendig, daß mich Jesus sterben läßt, um mir nachher das Leben und die Gnade meiner Sendung zu schenken.
Sie werden stets die gute Schwester des Dritten Ordens bleiben - und Sie werden weiterhin die Gesellschaft Mariens lieben, für die ich immerfort eine kindliche Zuneigung bewahre und den Wunsch habe, ihr zu dienen.
Allezeit im Herrn verbleibe ich, teure Schwester in
Maria, ganz Ihr
Eymard.
An Fräulein v.Revel
St. Helena-Straße
L y o n (Rhône)
Nr.0579
An Frau Tholin
Paris, Ursulinenstraße 12, 18. Mai 1856.
Teuerste Tochter und Schwester im Herrn!
Die Sache des guten Meisters hat gesiegt; da bin ich nun in Paris, ganz seinem Dienste und seiner eucharistischen Liebe geweiht. Alle Opfer sind gebracht, die Prüfungen für den Augenblick überstanden. Der hochwst. Pater Generalsuperior hat mich von meinen Gelübden dispensiert und mir sein Wohlwollen bewahrt. Drei Bischöfe haben meinen Entschluß und mein Verlangen approbiert. Der hochwst. Herr Erzbischof von Paris hat mit ganz väterlicher Güte mein Unternehmen gesegnet.
Das Haus ist gemietet (Rue d'Enfer 114, Paris); in einigen Tagen werden wir uns dort niederlassen - in heiliger Armut, voll Freude und Glück.
Ich fühle mich seelisch und körperlich wie ein Soldat, der vom Schlachtfeld kommt. Bevor ich von meiner verlangten Freiheit Gebrauch machte, habe ich mit Erlaubnis des hochw. Pater Generalsuperiors 12tägige Exerzitien gemacht und mich mit den Aposteln im Abendmahlssaal vereinigt; am 13. Mai haben wir dann die Approbation erhalten.
So weit, gute Schwester, ist also die eucharistische Sache gediehen; loben und danken Sie Gott mit mir! Meine Seele hörte nicht auf, das M a g n i f i c a t zu singen, und noch unter dem Eindruck all der Opfer und Kämpfe, konnte sie nur das eine wiederholen: "Wie gut ist doch der liebe Gott!"
Nun müssen Sie beten, daß ich einem so schönen Beruf entspreche; daß ich, wie das Opferbrot, mein Leben, mein Wesen, meine Persönlichkeit aufgebe, um in den Geist und das Leben Jesu umgewandelt zu werden; auf daß nichts übrig bleibe als die menschliche Gestalt, als Demut und Armut, damit Jesu Kraft wirksam sei in all meiner Schwachheit.
Aber, gute Schwester, wenn wir auch nichts für uns begehren, möchten wir doch etwas haben für den eucharistischen König; wir möchten ihn ehrenvoll empfangen und seine Wohnung mit Glanz umgeben; beten Sie darum zu unserem Heiland, daß er uns etwas schicke, um ihn zu bekleiden, zu beherbergen und die hl. Geheimnisse feiern zu können. Ich erwarte das schöne Pult und den Tabernakel, wenn beides fertig sein wird; was ich aber noch sehnsüchtiger erwarte, das sind Nachrichten über Ihre Gesundheit und Ihre neue Stellung.
Es hat Sie gewiß recht viel gekostet, so viele gute Seelen und das Arbeitsfeld Ihrer Nächstenliebe zu verlassen. Nun sind Sie, wie wir, in einen Abendmahlssaal (Zönakel) versetzt. Möge Sie Jesus beschützen und in seiner göttlichen Liebe erhalten.
Ganz Ihr
Eymard, P.
P.S. - Herzliche Grüße an den lb. Herrn Tholin und Ihren geistlichen Sohn.
An Frau Tholin-Bost
Amplepuis (Rhône)
Nr.0580
An de Cuers
Leudeville, über Marolles en Hurepoix - 20. Mai 1856.
Liebster Bruder im Herrn!
Ich werde erst Freitag abend hier abreisen, ich werde bei unseren Patres haltmachen und Sie dann am Nachmitag aufsuchen.
Wenn ich meine Freiheit in angemessener Weise wiedererlangen kann, werde ich in der Mont-Parnaß-Straße Abschied nehmen, um nach Maria Theresia oder - was ich lieber möchte - in unser Zönakel zu gehen.
Es ist der lb. Gott, der mich hiehergeschickt hat, ich werde es Ihnen näher erklären: ein heiligmäßiger Priester wird vielleicht die Frucht meines Besuches sein.
Ich habe gestern erfahren, daß am Sonntag der hochwürdigste P. Lagniet an Stelle des hochwst. Generalsuperiors seiner Gemeinschaft meinen Austritt aus der Gesellschaft und das WERK des Hlst. Sakramentes angekündigt hat. Es scheint, daß der P. General sehr wohlwollend über mich gesprochen hat, daß wir Freunde bleiben müßten, daß man sich treffen müßte und daß er mich sprechen möchte; diese Nachricht hat mir sehr wohlgetan. Der Gott der Liebe und des Friedens hat alle Herzen zu dem einen Zentrum des Wohlwollens zusammengeführt; Gott ist eben der Meister über die Herzen und was er will, das geschieht auch.
Ich habe um meine Habseligkeiten gebeten und glaube, daß Sie diese bald erhalten werden.
Sollten Sie Herrn Badiche treffen, entschuldigen Sie mich bei ihm dafür, daß ich mich bei ihm nicht für seine Güte mir gegenüber bedanken konnte. Ich wollte ihn aufsuchen, als mir eben der Herr Prior mitteilte, daß er nicht zu Hause ist.
Bis bald! Meine Gesundheit geht aufwärts. Ich brauche aber diese paar Tage der Ruhe!
Ihr in Christus ergebener
Eymard, P.S.S.
An hochw. Herrn de Cuers
Ursulinenstraße 12
Paris
(1) Dieser Brief wurde nicht vom Original kopiert, sondern von einem Text, der von der Hand des P. de Cuers geschrieben wurde.