Der rote Umhang

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Disclaimer: all characters in this fanfic belongs to Mrs. R. Ikeda.

Ich gehe allein durch die kalte Stadt. Der Klang meiner Schritte kling gedämpft durch den Schnee, der auf den Straßen liegt. Die Straßen, die ich schweigend entlang gehe. Deswegen sind meine Schritte nicht weniger schwer.

Ich bin allein, wie ich es immer war, auch wenn ich mein ganzes Leben an deiner Seite verbracht habe.

An meine Mutter kann ich mich kaum erinnern, aber ich weiß noch, dass sie mir immer sagte “André, vergiss eines nicht: Wir kommen allein auf die Welt und gehen allein wieder.” Und allein hat sie mich auch gelassen, an einem Tag wie diesem, vor einer Ewigkeit.

Und jetzt verlässt du mich auch... nachdem dein Lächeln mich schon vor langer Zeit verlassen hat.

Deine Worte verlassen mich, die nicht einmal mehr gereizt oder wütend sind.

Sie sind einfach nicht mehr an mich gerichtet. Sie verlassen mich, so wie du mich verlässt.

Dein Blick verlässt mich, der meinem schon seit ewig langer Zeit nicht mehr begegnet.

Alles von dir verlässt mich, lässt mich allein mit mir selbst.

Aber als ich damals dein Lächeln zum ersten Mal sah, war ich überzeugt, dass wir für immer zusammen sein würden. Das Lächeln eines kleinen Mädchens. Ein strahlendes Lächeln. Ein kleiner roter Umhang im Schnee.

Dein kleiner Umhang, der Schnee, der auf unsere Kindergesichter fiel, wir froren und waren trotzdem neugierig auf diesen seltsamen Anblick, der vom Himmel kam. Der Geschmack des Schnees, als ich eine Flocke auf deine Lippen legte und eine andere auf meine eigenen. Meinen ersten Schnee habe ich mit dir gesehen, mit dir berührt.

Dann hielt ich dich an der Hand und half dir beim Aufstehen, weil du gestürzt warst. Ein kleiner roter Umhang voller Schnee. Zwei blaue Augen, klar, zart, zerbrechlich im Ausdruck. Deine Augen.

Dieser Schnee, der jetzt fällt, schmeckt anders. Er hat nicht das gleiche Staunen, er hat nicht die Farbe deiner Augen, das Weiß deiner Haut, die Farbe deiner geröteten Wangen. Er ist nur kalt, verflucht kalt, und still, erschreckend still.

Er klingt nicht nach unserem Lachen, er hat nicht den Klang unseres keuchenden Atems, nachdem wir gerannt waren.

Es ist nichts von uns darin. Nichts von dir.

Wenn ich nicht erwachsen geworden wäre, wenn du nicht erwachsen geworden wärst, dann wäre dieser Schnee unser Spiel und unsere Zuflucht. Aber du bist eine Frau geworden und ich ein Mann. Und ich bin in dich verliebt. Verliebt… wahrscheinlich war ich das damals schon... in dich verliebt, auch als ich dir diese Schneeflocke auf die Lippen legte. Ja, damals war ich das schon. Aber ich war mir dessen nicht bewusst, und darum machte meine Liebe mich glücklich.

Du warst mit mir dort, und das war genug. Du warst bei mir. Du hast mit mir gelächelt, mit mir geweint, mit mir gelebt.

Aber seit ich begriffen habe, dass ich dich liebe, bin ich nur unglücklich gewesen. Seit ich gefühlt habe, dass ich dich begehre, war ich unglücklich.

Ich habe die Eifersucht kennen gelernt, ich, der ich dich immer für mich allein hatte, und sie hat mein Inneres verwüstet.

Ich habe die Frustration meines körperlichen Verlangens kennen gelernt, und sie hat mich dazu gebracht, dich zu verletzen, dazu, die Berührung unserer Lippen schmerzvoll zu machen, die ich mir immer als die süßeste und zarteste Berührung erträumt hatte.

Ich habe die Angst kennen gelernt, dich zu verlieren, und ich habe sogar selbst dafür gesorgt, dass es geschieht.

Und ich habe dich verloren.

Ich habe diesen kleinen roten Umfang im Schnee verloren. Die blauen Augen. Ich habe dein Lachen verloren.

Alles von dir habe ich verloren.

Nur der Schnee ist mir geblieben, der mich mehr einhüllt als mein Umhang. Er hüllt auch mein Herz ein. Ich wünschte, er würde sein Schlagen anhalten. Endgültig. Aber unter dem Schnee ruhen die Samenkörner, die im Frühling sprießen, nur der Frost kann sie ausbrennen und töten. Es ist die Kälte deiner Augen, die mein Herz ausbrennt und es tötet, Tag für Tag.

 

Schöne Worte, die Bernard heute ausgesprochen hat, als ich ihm zuhörte, Worte, die von einer gerechteren Welt sprechen, wo kein Mensch geringer ist als ein anderer, wo ich nicht anders bin als du. Worte über eine neue Welt, eine andere Welt, die ich mir schwer vorstellen kann, auch wenn ich sie mir von ganzem Herzen wünsche. Keine Klassen, keine Privilegien, keine Macht des einen über den anderen. Aber was soll ich mit einer vollkommenen Welt, wenn in deinem Herzen, in deinen Gedanken kein Platz ist für mich? Und den wird es auch in einer anderen Welt nicht geben. Weil du mich nicht lieben kannst und willst. Und das nicht, weil ich nicht von Adel bin, sondern weil ich in deinen Augen kein Mann bin.

Ich bin für dich ein Bruder, so wie du für mich eine Schwester warst. Ich bin für dich ein Freund, und du warst meine beste Freundin, meine einzige Freundin. Aber ich bin für dich kein Mann, während du einzige Frau bist, die ich will. Auch wenn es Millionen von Frauen gibt. Du bist die einzige.

Ich wünschte, ich wäre wieder ein Kind und würde dich nicht mehr begehren.

Bernard und Rosalie sind verheiratet: Die gleichzeitig schöne und traurige Entdeckung dieses Dezembertags. Sie sind Mann und Frau. Einer ist für den anderen da. Sie sind es, und ihre Kinder werden es sein, ihr Zuhause, ihr Bett und der warme Ofen, die Suppe im Teller, ihre Körper, ihre Leidenschaft, sie werden alles sein. Und wir beide werden nichts sein. Nichts. Ich dürfte nicht einmal wagen, so an dich zu denken, ich darf dich nicht auf diese Weise begehren.

Darum habe ich Rosalie gesagt, dass sich nichts und niemand geändert hat. Oscar hat sich nicht verändert, und ich auch nicht. Sie ist in ihrer Uniform eingeschlossen, in ihren Regeln, ihren Vorschriften, ihren Pflichten, den Wünschen ihres Vaters, denen der Königin. Sie ist in ihren Ängsten eingeschlossen, im Käfig ihrer eigenen Tränen. Und genauso eingeschlossen sind ihre Freude, ihre Begierde und ihr Selbst. Nur ich kenne ihre wahre Schönheit, aber nicht einmal ich darf sie sehen, und das liegt nicht nur daran, dass meine Augen immer weniger sehen.

Ich habe mich auch nicht verändert, ich liebe sie noch immer, und, wenn das möglich ist, noch mehr. Ich habe nie die Grenze meiner Liebe zu ihr gefunden. Ich bin nie an den Punkt gekommen, an dem man beginnt, einen Menschen nicht mehr zu lieben, und ihn allmählich vergisst. Inzwischen glaube ich, dass ich ihn nie finden werde. Ich bin nur müder als früher, besiegter und desillusionierter, aber immer noch zäh in meinen Gefühlen für dich, Oscar.

Verliebt in deine Augen, in dein Haar, deine Lippen, deine Hände, deinen Körper, den ich mir nur vorstellen kann nach dem, was ich unter der Seide erkenne, in deine Gedanken, in deine Atemzüge, in jeden Tonfall deiner Stimme, in deine Art, zusammengekuschelt zu schlafen, in den Stolz, mit dem du Befehle gibst, in die Geschmeidigkeit deiner Bewegungen. In allem von dir. Weil es in mir ist. Und es wird auch noch dort sein, wenn ich dich nicht mehr sehen werde. Auch, wenn ich nicht mehr sein werde.

Das ist der Grund, warum ich Bernard nicht in seinem Traum folgen kann, wenn er auch teilweise mein eigener Traum sein könnte, denn meine Aufgabe ist eine andere. Meinen Ideen zum Trotz. Meiner Gesundheit zum Trotz. Selbst meinem Leben zum Trotz. Meine Aufgabe ist es, dich zu schützen. Vor der alten Welt, vor der neuen Welt. Vor jedem, der dich verletzen will. Manchmal auch vor mir selbst. Vor meinem eigenen Verlangen, meiner eigenen Phantasie, meiner eigenen Liebe. Sie können es krank nennen, Bernard und Rosalie, während sie einander im warmen Bett in den Armen liegen, sie können es verrückt nennen, oder schlichtweg Illusion, Trugbild. Aber es ist meine Aufgabe, und es ist mein eigenes Leben, das ich vor einer Ewigkeit diesen blauen, empfindsamen Augen im Schnee gewidmet habe.

 

Ich gehe weiter durch den Schnee. Jetzt, wo ich mich daran gewöhnt habe, ist es nicht mehr so kalt. Es ist die Kälte unseres Schweigens, Oscar, an die ich mich nicht gewöhnen kann. Wo bist du? Eine absurde Frage, ich bin es, der fern von dir ist. Ich bin nicht zu Hause, ich bin nicht in der Kaserne, ich bin nicht da, wo du bist.

 

Der Schnee fällt auf die Seine, alles ist weiß, alles ist Licht, aber ein Licht, das nicht wärmt. “André, vergiss eines nicht: Wir kommen allein auf die Welt und gehen allein wieder.” Ist das wirklich so, Mutter? Ist wirklich mein gesamtes Leben mit ihr nur Einbildung?

Ich schließe die Augen, höre auf zu gehen, es fällt mir so schwer, die Brücke zu überqueren. Ich mache die Augen wieder auf. Da ist jemand auf der anderen Seite der Brücke. Von hier aus kann ich nicht sehen, wer es ist. Nur einen langen roten Umhang kann ich erkennen. Der Schnee fällt jetzt dichter, Wind kommt auf. Ich rühre mich nicht, während all das Rot auf mich zukommt. Der Wind weht die Kappe des Umhangs herunter, befreit die Haare. Sie sind lang und blond, und von überall fällt Schnee auf sie. Es sind ihre Haare, es sind Oscars Haare. Wie kann sie hier sein? Wie kann sie mich gefunden haben, in diesem Schnee, in dieser Kälte, im Gefängnis meines Herzens, in den Kerkern meiner Gedanken? Aber es ist tatsächlich sie, und sie kommt auf mich zu. Sie ist es. Hier, bei mir.

Jetzt sehe ich ihre Augen, sie hat ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Oscar…

“André, komm bitte, gehen wir nach Hause.”

“Ja, aber was machst du hier... ich dachte, du bist in der Kaserne…”

“Ich bin dir gefolgt. Ich bin jedem deiner Schritte gefolgt, so wie du meinen dein ganzes Leben lang gefolgt bist. Ich bin deinen Gedanken gefolgt, so wie du aus der Entfernung meinen gefolgt bist, ein Leben lang. Gehen wir nach Hause, bitte.”

Es kann nicht sein. Du kannst jetzt nicht hier sein. Du bist ein Traum und ich halte meinen Traum in den Armen. Du bist eine Illusion, wie die Schneeflocke, die sich auf die Haut legt und in der Wärme ihre einzigartige, herrliche Form verliert. Ich träume nur. Ich träume von dir, Liebste.

Ich habe ihn so gefunden, er schien eingeschlafen, saß mit seinem durchfrorenen Körper gegen eine der Brückensäulen gelehnt. Ich habe ihn in die Arme genommen und in meinen roten Umhang gehüllt. Ich musste ihn erst überzeugen, dass ich es wirklich bin. Und ich habe ihn fortgebracht, im Schnee. Ich habe seine Hand in meine genommen.

So wie vor einer Ewigkeit, als mich seine grünen Augen im Schnee ansahen. Wie vor einer Ewigkeit, als seine Kinderhände meine hielten. Wie vor einer Ewigkeit, als wir noch kein Mann und keine Frau waren. Nur zwei Kinder, aber innerlich ein einziges Wesen. So wie jetzt, vor dem Kaminfeuer, während er schläft, zugedeckt mit meinem alten roten Umhang.

Pubblicazione sul sito Little Corner del dicembre 2006.

Vietati la pubblicazione e l'uso senza il consenso dell'autore

The End

mail to: f.camelio@libero.it

Translation: Arianna mail to:

 

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