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Index Briefe Bd. 1 / Index Französisch / Index Eymard


Nr.0381

An Frau Jordan

La Seyne, 30. November 1852.

Gnädige Frau und teure Schwester!

Sie werden sicher murren gegen mich und meine Trägheit, und zu Recht; und ich wartete alle Tage auf ein Schreiben mit Vorwürfen, dann sagte ich: man hat alles vergessen, den Mann und seine Schuld. Endlich möchte ich mich hören lassen und Ihnen sagen, daß ich zahlen werde, daß ich das Ihnen gegebene Wort gehalten habe, weil ich bis Avignon gearbeitet habe, aber es blieb mir nicht die Zeit zur Fertigstellung; und so liegen diese Notizen immerfort vor meinen Augen, sie blenden mich und werfen mir ihren Schlaf vor; aber ich gebe ihnen zur Antwort, daß Sie das alles wissen und daß Sie diese noch besser machen; daß man jemanden, der lesen kann, nicht das ABC lehrt, was denken Sie drüber, gute Dame? Halten Sie sich immer an diesen Betrachtungsplan? Wenn Sie sich daran halten, so verspreche ich Ihnen, denselben als Neujahrsgeschenk zu schicken; wenn Sie sich nicht daran halten, wird meine Trägheit sagen: ebenfalls gewonnen. So sind Sie nun in dieser guten Stadt Lyon, aber sie ist im Winter recht traurig mit ihrem weißen Schweißtuch, das sie einhüllt, und seine übergreifende Feuchtigkeit, die bis in die Seele dringt. - Wie fühlen Sie sich dort? Was tun Sie dort? Sie haben, glaube ich, unsere Ratschläge für den Urlaub nicht mehr nötig, denn die Ferien sind zu Ende. Sie sind zu Ihrem einfachen und gesammelten Leben zurückgekehrt, sie sind ganz für Gott und die anderen da; folglich ist die Ruhe gewährt, und die Sammlung kommt ganz natürlich und erfüllt Ihre Seele; die frommen Übungen haben ihren Lauf, ihre Zeit, ihren Ort und ihre Güte wieder aufgenommen; die hl. Kommunion, die Sie mehr als jemand anderer brauchen, weil Sie schwach und alleinstehend sind, diese Kommunion haben Sie regelmäßig empfangen trotz Ihrer Armseligkeiten des Alltags, des Staubes auf dem Weg, der empfundenen, aber nicht gewollten Ungeduld und der Armseligkeiten des Lebens. Ja, empfangen Sie gut die hl. Kommunion, meine teure Tochter, andernfalls hätte Ihre entwaffnete und hungrige Seele keine Kraft und keinen Mut; die guten Armen werden vom lb. Gott stets liebevoll empfangen. Arbeiten Sie emsig daraufhin, geduldig, sanftmütig und ganz vertrauensvoll auf die Liebe zu Unserem Herrn zu werden, damit Sie wie dieser gute Meister d e m ü t i g u n d s a n f t m ü t i g v o n H e r z e n werden. Darin liegt die Bedingung des Friedens und der Ruhe der Seele.

Sie möchten, daß ich Ihnen alles in Erinnerung rufe, was wir über den Kreuzweg gesagt haben, sei es, und mit Vergnügen:

1. Station: Jesus wird zum Tod verurteilt. Wer ist Jesus? Er ist die Güte und Heiligkeit selber, er ist mein Gott, Schöpfer und Erlöser. J. Chr. ist zum Tod verurteilt: Und wer hat diesen furchtbaren Mut dazu? Die Dämonen? Nein. Die Dämonen erzittern vor ihm. - Es sind die Menschen, seine Geschöpfe, die Juden, sein privilegiertes Volk, das bin ich durch meine Sünden (Akt der Entrüstung).

Aber wieso ließ sich der allmächtige Jesus Christus gefangennehmen, binden, knebeln und zum Tod verurteilen aus Liebe zu mir? Er hat meine Stelle als Schuldiger angenommen. Ohne diese Verurteilung meines Erlösers wäre ich auf ewig verurteilt worden. O mein Gott, ist es möglich, daß du mich in einem solchen Ausmaß geliebt hast..., und zwar mich auch dann geliebt hast, obwohl ich dich nicht geliebt habe, dich beleidigt, dich verurteilt habe?

Aber zu welcher Todesart wurde er verurteilt? Zum schmerzlichsten, entehrendsten Tod der niedrigsten Sklaven, zum Tod am Kreuz!

Aber warum wollte er eines solchen Todes sterben? O diese Todesart hat die Liebe Jesu gewählt, weil er mehr Leiden und folglich mehr Liebe enthält; o mein Gott, ich falle in Bestürzung und Entsetzen beim Anblick meiner Undankbarkeit und beim Überlegen deiner Liebe.

2. Art: T u g e n d e n.

Welche praktische Tugend zeigte mein Heiland bei dieser Station?

D i e R u h e vor seinen ungerechten Richtern und Henkern! Ein schönes Beispiel für mich, sobald ich gedemütigt werde oder wenn man mich verurteilt. Habe ich sie befolgt?

D i e S t ä r k e: J. Chr. bezeugt seine Wahrheit, er verkündigt sie, ohne sich einschüchtern noch verwirren zu lassen, weder durch die Lästerungen noch durch die Mißhandlungen. Dies also ist mein Vorbild, um Gott in den Prüfungen treu zu sein. War ich treu?

D i e S a n f t m u t: J. Chr. ärgert sich nicht, er droht seinen Feinden nicht, mit Sanftmut läßt er sich binden, knebeln und vor die Gerichte schleppen wie ein Lamm, ohne Bosartigkeit und ohne Verteidigung. Er antwortet auf die Verhöhnungen nicht, er verteidigt sich nicht vor der Verleumdung, er legt beim Ausspruch des Todesurteils keine Nichtigkeitsbeschwerde ein.

D i e L i e b e: Während man diesen liebenswürdigen Heiland mißhandelte, opferte er diese Verwünschungen und Demütigungen seinem Vater auf für das Heil seiner Henker; und als man ihn zum Tod verurteilte! Ja, mein Vater, ich nehme diesen abscheulichen Tod an, um das Leben aller Sünder zu erwirken. So müssen auch wir für unsere Feinde leiden und beten.

Hier höre ich auf, gute Dame, beten Sie für mich, damit ich das auch tue, was ich sage. Bitte nennen Sie mir den Namen jenes Fräuleins von Romans, bei dem ich zu Mittag gegessen habe.

Adieu, meine hochachtungsvollsten und ergebensten Grüße an Ihre Familie und an Fräulein Agarithe, wenn Sie es für angebracht halten.

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard.


Nr.0382

An Frau Franchet

Alles für Gott allein und für Sie allein.

30. November 1852.

Ich will nicht auf Ihre Antwort warten, um Ihnen zu antworten, meine teure Tochter; ich erledige es gleich, weil mir Ihr Brief eine Seele guten Willens und ein leidendes Herz schildert. Trotz meines Schweigens habe ich nicht aufgehört, für Sie zu beten. Aber jedes Geschöpf kann seinesgleichen nur in dem Maße etwas Gutes tun, als es ihm Gott gibt und es will. Ich stellte mir vor, daß ich Sie, wenn ich Ihnen weiterhin Ratschläge gebe, vielleicht daran hindere, daß Sie Ihr volles Vertrauen einem anderen schenken. Da ich Ihnen aber alles Gute von Gott wünsche, verstehen Sie meine Zurückhaltung.

Sehen Sie, meine teure Tochter, der lb.Gott will Sie ganz und gar, ganz arm und elend, ganz allein und frei von allen Geschöpfen, und Sie sollen darüber glücklich sein. Ach, glauben Sie mir, ich kenne Sie so gut wie niemand anderer, und Ihr Vertrauen gibt mir das Recht, Ihnen in aller Einfachheit zu sagen: Gott lieben und für ihn leiden, darin besteht die Vollkommenheit. Gott allein lieben und keinen anderen Zeugen, anderen Tröster, kein anderes Zentrum außer Gott, das ist die größte Liebe; und dies alles brauchen Sie; solange Sie sich nicht damit zufriedengeben, werden Sie leiden; was Sie suchen, findet sich allein in Gott; Sie haben zuviel Herz, zuviel Gefühl für Ihre elende Armseligkeit; wenn Sie nun allein sind, um eine so schwere Last zu tragen, kommen Sie unter diesem undefinierbaren Gewicht zu Sturz und werden zerdrückt; und die Erklärung des Ganzen ist folgende: der lb. Gott umgibt Sie mit Bitterkeit und Kälte und breitet einen Schleier um Sie und die Geschöpfe, damit Sie zu ihm gehen, um Frieden und Kraft zu holen.

Ich denke mit Freude daran, daß Sie Ihre alte Lebensweise wieder aufgenommen haben, die Betrachtung pflegen, die Sakramente empfangen, und daß Sie sich wieder Gott angenähert haben!

Lesen Sie das 21. Kapitel des 3. Buches aus der Nachfolge Christi.

Adieu, meine Tochter; versuchen Sie es mit P. Favre.

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard.

An Frau Franchet

St.Vinzenz-Kai 65

L y o n

(Rhône)


Nr.0383

An Marianne

La Seyne-sur-Mer, 30. Nov. 1852.

Meine liebsten Schwestern!

Ich habe einen Augenblick Zeit, und der gehört Euch. Danke für Eure Briefe und Nachrichten. La Mure und alles, was sich dort ereignet, interessiert mich; vor allem Ihr, meine lb. Schwestern. Ihr seid, wie ich annehme, in der Kälte und im Schnee, aber der lb.Gott hat Euch Feuer gegeben. Hier haben wir wahrhaftig eine schöne Sonne und eine Frühlingswärme. Aber der zornige Mistral, der stärker als der schärfste Nordwind ist und oft eintrifft, ersetzt das gleichmäßigere Klima unserer Gegenden.

Der lb. Gott hat als guter Vater überall Freude und Kummer verteilt, damit man sich nicht an dieses Land der Verbannung festklammere.

Unser Pensionat bereitet uns große Genugtuung. Wir haben 112 Kinder aus erstrangigen Familien der Umgebung bei uns. Hier bedarf es der Geduld und Güte einer Mutter und der Entschlossenheit eines Vaters.

Wir haben eben ein Haus für Missionäre in Toulon gegründet. Das wird mich ein wenig entlasten hinsichtlich des schönen Werkes der Anbetung, für das ich zwei Tage pro Woche verwendete.

Ich habe dem Herrn Pfarrer bezüglich des Drittordens geschrieben. Ich habe ihm die Vollmachten erteilt für einzelne Aufnahmen und ihm ein kleines Buch geschickt; sicher wird er mit mir zufrieden sein und auch mit dem Drittorden;- weil übrigens der Drittorden keine Bruderschaft noch eine Kongregation ist, hängt Ihr von niemand ab. Wenn er Euch Gutes tun will, seid dafür dankbar; im übrigen, meine guten Schwestern, tut wie die Bettler: sie nehmen die Almosen von allen entgegen und gehören niemandem; wir gehören nur Gott: "Gutes tun und reden lassen", sagte der hl. Franz v. Sales.

Ich bin glücklich, daß Euch mein Gemälde gefallen hat. Es ist schön und ich hätte es niemandem besser senden können.

Paßt in dieser trüben Zeit auf Euch auf, meine lb. Schwestern. Wenn Ihr Philibert Gros seht, sagt ihm bitte, daß ich hoffe, sein Bruder wird sein Gewünschtes erhalten...

Adieu, meine lb. Schwestern; ohne Unterlaß denke ich vor Gott an Euch: tut für mich dasselbe. Es geht mir gut.

Euer ergebenster Bruder

Eymard, p.s.m.

A. S. - Ich hatte die Freude, Herrn Giraud, den Schwager von Frau Barnard, zu treffen.

A. Ich habe ihm Bernhard Bigot anempfohlen.Er hat mir versprochen, an ihn zu denken.

An Fräulein Marianne Eymard,

du Breuil-Straße, La Mure d'Isère.


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